Ist die STED (Summary Technical Documentation) die Lösung für Medizinproduktehersteller, die ihre Produkte international zulassen müssen? Dieser Beitrag stellt die STED und damit einen Vorschlag vor, wie Hersteller die technische Dokumentation strukturieren können.
1. STED: Eine kurze Einführung
a) Weshalb die STED nützlich sein kann
Die Anforderungen der verschiedenen Rechtssysteme (z.B. Europa, USA/FDA, China, Japan, Kanada, Brasilien usw.) an die Zulassung von Medizinprodukten unterscheiden sich. Aber alle Zulassungsverfahren setzen eine technische Dokumentation voraus.
Leider unterscheiden sich sowohl die Inhalte als auch die Struktur dieser Akten, was dazu führt, dass international agierende Medizinproduktehersteller die technische Dokumentation mehrfach zusammenstellen müssen. Diese Arbeit ist wenig wertschöpfend.
b) Wie es zur STED kam
Auch deshalb haben sich Gremien aus Vertretern der Behörden und Hersteller wie die Global Harmonization Task Force (GHTF) gebildet, um Vorschläge für eine vereinheitlichte technische Dokumentation zu erarbeiten. Ein Ergebnis war die „Summary Technical Documentation for Demonstrating Conformity to the Essential Principles of Safety and Performance of Medical Devices (STED)“ der GHTF (IMDRF/RPS WG/N9 FINAL:2018).
Inzwischen sind die Unterlagen nicht mehr auf den Seiten GHTF, da die GHTF durch das International Medical Device Regulators Forum IMDRF abgelöst wurde, die nun den STED unter dem Namen „Non in Vitro Diagnostic Device Market Authorization Table of Contents (nlVDMAToC)“ zum Download (inzwischen in der 2. Version vom März 2019) anbietet. Für In-vitro Diagnostika gibt es eine entsprechende Vorlage.
In den Veröffentlichungen spricht das IMDRF von „nIVD MA ToC“, also der Table of Contents für non IVDs. Für IVDs gibt es eine analoge ToC.
c) Regulatorischer Hintergrund
Die GHTF bzw. das IMDRF setzt sich zwar aus Vertretern von staatlichen Behörden und Gesetzgebern zusammen. Dennoch haben deren Veröffentlichungen keine gesetzliche Kraft. Sie sind empfehlend, aber nicht bindend.
Die Hersteller sind jedoch verpflichtet die regulatorischen Anforderungen an die Inhalte der Dokumentation zu erfüllen. Dazu zählen u.a.:
- Identifikation (z.B. UDI) des Produkts
- Beschreibung des Produkt, seiner Varianten, Konfigurationen und seines Zubehör
- Zweckbestimmung inklusive Charakterisierung der Patienten (inklusive Indikationen, Kontraindikationen), der Anwender und der Nutzungsumgebung
- Labeling z.B. Gebrauchsanweisung, Verpackung
- Informationen zur Entwicklung und Herstellung
- Nachweis aller gesetzlicher Anforderungen (typischerweise durch Tests) an die Sicherheit, Sterilität, elektromagnetische Verträglichkeit, Biokompatibilität usw.
- Informationen über das Qualitätsmanagementsystem
2. Struktur der Dokumentation laut STED
a) Übersicht
Das STED strukturiert die technische Dokumentation in über 200 Kapitel und Unterkapiteln. Die erste Kapitelebene verschafft einen Überblick (s. Abb. 1) und macht klar, dass nicht nur das Produkt, sondern auch das Qualitätsmanagement zu dokumentieren sind.
Abb. 1: Erste Kapitelebene der Summary Technical Documentation (STED) laut IMDRF (zum Vergrößern klicken)
Die Kapitel (s. Abb. 1) sind:
- Regulatorisches: Hier finden sich die marktspezifischen und regulatorischen Dokumente
- Kontext der Einreichung: Hier findet sich die Beschreibung des Produkts
- Nicht klinische Nachweise wie z.B. Labortests
- Klinische Nachweise
- Labeling
- QM-System: Verfahren und Methoden
- QM-System: Produktspezifische Vorgaben
b) Kapitel 1: „Regional Administative“
Das erste Kapitel umfasst alle Inhalte, die spezifisch für den jeweiligen Markt bzw. das konkrete Zulassungsverfahren sind. Das reicht vom „DEvice Listing“ über Erklärungen bis hin zu den „User Fees“.
c) Kapitel 2: „Submission Context“
Das zweite Kapitel der STED ist mit „Submission Context übertitelt. Es umfasst eine genaue Vorgabe, wie das Produkt mit seiner Zweckbestimmung, seinen Varianten, mit der Abgrenzung zu Vorgängerprodukten und ähnlichen Produkten zu beschreiben ist.
Abb. 2: Kapitel 2 des STED (Produktbeschreibung) (zum Vergrößern klicken)d) Kapitel 3: „Non-clinical Evidence“
Das dritte Kapitel der STED ist das umfangreichste. Es spezifiziert die Nachweise der regulatorischen Anforderungen wie Labortests, Simulationen, Software-Tests, Tierversuche, Usability-Studien usw.
Abb. 3: Kapitel 3 der STED (prä-klinische Nachweise) (zum Vergrößern klicken)Die STED liefert viel mehr als eine Kapitelstruktur. Sie beschreibt auch typische Inhalte wie in Abb. 4 am Beispiel der „Usability-Anforderungen“ zu sehen.
Abb. 4: Die STED legt für jedes Kapitel typische Inhalte feste) Kapitel 4 „Clinical Evidence“
Das vierte Kapitel gibt Vorgaben sowohl für die Dokumentation der klinischen Bewertung als auch der klinischen Prüfungen. Im Vergleich zur MEDDEV 2.7/1 und der ISO 14155 sind diese Vorgaben sehr grobgranular.
f) Kapitel 5 „Labeling and Promotional Material“
Der Titel des fünften Kapitel beschreibt treffend dessen Inhalts. Das Kapitel unterscheidet dabei die verschiedenen Adressaten (Ärzte, Patienten, technische Anwender). Es unterscheidet beim Labeling die „Labels“ am Produkt, der Verpackung, dann die verschiedenen Anleitungen, Broschüren und Marketingmaterialien.
f) Kapitel 6a und 6b „Quality Management System“
Die „beiden sechsten Kapitel“ stellen Anforderungen an die Dokumentation des QM-Systems. Dabei unterscheidet der STED allgemeine und produktspezifische Vorgaben. Letztlich referenzierter die Kapitel der ISO 13485.
3. STED in der Praxis
a) Eine umfangreiche Zusammenfassung
Die Struktur der STED (Summary Technical Documentation) ist mit über 200 Kapitel und Unterkapiteln sehr umfangreich, so dass der Begriff „Summary“ fast ein Euphemismus ist.
Allerdings stellen diese Kapitel die Übermenge dessen dar, was ein Hersteller für ein Produkt benötigt. Viele Kapitel sind auf das konkrete Produkt nicht anwendbar: Eine Software bedarf keine Diskussion der Biokompatibilität, für viele Produkte sind keine Tierversuche notwendig.
b) Detailgrad
Das mit 50 Seiten umfangreiche Dokument verschafft den Herstellern mehr als nur eine Übersicht dessen, was eine technische Dokumentation enthalten sollte. Der STED ist und will aber nicht so granular sein, dass seine Vorgaben Normen überflüssig machen.
c) Anerkennung durch Behörden
Die FDA ermutigt Hersteller am STED-Programm teilzunehmen. Allerdings hält die FDA nur einen Teil der Medizinprodukte für geeignet (Link leider nicht mehr verfügbar). Akkreditierten Personen erlaubt die FDA 510(k)-Zulassungsanträge im STED-Format zu prüfen.
Die FDA spricht vom „STED Pilot Program“ spricht aber auf ihrer Webseite noch immer von dem GHTF-STED und verlinkt entsprechende nicht mehr existierende Dokumente, die Sie auf der Seite des IMDRF suchen müssen.
Die Kanadischen Behörden finden Gefallen am STED. Auf dessen Struktur basierend haben sie ihre eigene Vorstellung von der Struktur der technischen Dokumentation publiziert.
d) Fazit
Die Summary Technical Documentation ist ein wertvolles Hilfsmittel, um die technische Dokumentation zu strukturieren. Es gibt alternative Strukturen, die sich ebenso eignen.
Darüber, ob das STED auch die Struktur der QM-Unterlagen festlegen sollte, lässt sich streiten.
Eine technische Dokumentation im STED-Format ist keine Garantie für eine erfolgreiche Zulassung. Denn dafür bedarf es nicht nur einer übersichtlichen Struktur, sondern vollständiger und korrekter Inhalte.
Es ist bedauerlich, dass sich die Behörden weltweit noch nicht auf ein Format einigen konnten. Die STED ist diesem Ziel aber bereits ziemlich nahe gekommen.