Unter QM-Zertifizierung bezeichnet man die Zertifizierung eines Qualitätsmanagementsystems (QM-System oder QMS) durch eine Zertifizierstelle. Die Zertifizierung bestätigt dem zertifizierten Unternehmen, dass sein QM-System einem Standard genügt, typischerweise einer Norm (z. B. ISO 9001, ISO 13485) oder einem Gesetz (z. B. MDR, IVDR).
Die Kategorieseite „Qualitätsmanagement & ISO 13485“ verschafft einen schnellen Einstieg sowie einen umfassenden Überblick, der nicht nur für Hersteller von Medizinprodukten und IVD relevant ist.
1. Wer eine QM-Zertifizierung benötigt
Es gibt verschiedene Gründe, aus denen Unternehmen eine QM-Zertifizierung anstreben:
- Gesetzliche Pflicht: Beispielsweise verpflichten die europäischen Medizinproduktegesetze MDR und IVDR die Hersteller von Medizinprodukten und IVD zu einem QM-System. Diese QM-Systeme müssen nach MDR bzw. IVDR zertifiziert sein, es sei denn, die Hersteller bringen nur niedrigklassige Produkte in den Markt.
- Kundenerwartungen: In vielen Branchen wird ein zertifiziertes QM-System gefordert und kann sogar die Voraussetzung sein, um sich auf Ausschreibungen bewerben zu können.
- Qualitätsverbesserung: Durch eine QM-Zertifizierung nach einer entsprechenden Norm durch eine externe Zertifizierstelle erhält die Organisation eine objektive Bewertung, die Schwachstellen im QM-System aufdeckt und damit hilft, dieses QMS zu verbessern.
2. Wie eine QM-Zertifizierung abläuft
Die QM-Zertifizierung erfolgt in mehreren Schritten und ist gleichzeitig ein nie endender Prozess.
Schritt 1: Voraussetzungen schaffen
Zuerst müssen die Unternehmen, die eine QM-Zertifizierung anstreben, die Voraussetzungen schaffen und insbesondere ihr QM-System aufbauen. Dazu zählen u. a. die folgenden Tätigkeiten:
- Qualitätspolitik und Qualitätsziele festlegen
- Vorgabedokumente wie Verfahrensanweisungen, Arbeitsanweisungen, Templates und Formblätter erstellen (als Dokumente oder in Software-Systemen)
- Qualitätsmanagementbeauftragten (QMB) etablieren
- Notwendige Ressourcen bereitstellen und die Mitarbeitenden so qualifizieren, dass sie die QM-Vorgaben erfüllen können
- Prozesse und Verfahren gemäß den Vorgaben leben
Ein Unternehmen prüft durch ein internes Audit, ob sein QM-System alle gesetzlichen und normativen Vorgaben abdeckt und es sich selbst an die Vorgaben seines QM-Systems hält.
Das Johner Institut hilft Unternehmen, ein schlankes, wirksames und normenkonformes QM-System schnell zu etablieren und im Rahmen eines internen Audits zu prüfen.
Es unterstützt zudem dabei, integrierte Managementsysteme aufzubauen, die zusätzliche Aspekte wie die IT-Sicherheit, die Arbeits- und Umweltsicherheit abdecken.
Schritt 2: Zertifizierstelle auswählen
Im nächsten Schritt wählt das Unternehmen eine Zertifizierstelle aus. Die Kriterien für diese Auswahl umfassen:
- Kosten für die initiale Auditierung, Zertifizierung und künftigen Überwachungs- und Rezertifizierungsaudits
- Verfügbarkeit: Die Zertifizierstelle muss in der Lage sein, den Prozess innerhalb des vom Unternehmen benötigten Zeitrahmens zu durchlaufen. Diese Fristen sollten in den Verträgen geregelt sein.
- Scope: Die Zertifizierstelle muss für die Normen akkreditiert bzw. die Benannte Stelle für die Produktklasse benannt sein, für die die Zertifizierung angestrebt wird. Beispielsweise ist es für einige Medizinproduktehersteller ratsam, eine Zertifizierung nach den Normen ISO 13485, ISO 27001 und ISO 42001 sowie nach Anhang IX der MDR anzustreben.
Die Auswahl der Zertifizierstelle setzt eine Antragstellung voraus und mündet in einem unterzeichneten Vertrag.
Hersteller von Medizinprodukten und IVD, die nicht der niedrigsten Klasse angehören, müssen ihr QM-System von einer Benannten Stelle nach MDR bzw. IVDR zertifizieren lassen, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen (s. MDR Anhang IX, IVDR Anhang IX). Eine zusätzliche Zertifizierung nach ISO 13485 ist keine gesetzliche Pflicht.
Zertifizierende Organisationen müssen dazu autorisiert, d. h. akkreditiert bzw. benannt sein. Andernfalls sind deren QM-Zertifikate wertlos. Lesen Sie hier mehr zu den Verantwortlichkeiten der DAkkS und der ZLG.
Schritt 3: Audits durchlaufen
Anschließend prüft die Zertifizierstelle das QM-System im Rahmen von Audits. Meist gibt es zwei Audits:
- Stage 1 Audit: Im Stage 1 Audit liegt der Fokus auf der Prüfung, ob das QM-System (d. h. der „Regelsatz“, den sich die Organisation selbst gegeben hat) geeignet ist, um die gesetzlichen bzw. normativen Anforderungen zu erfüllen. Dieses Audit kann sogar remote und anhand der Vorgabedokumente erfolgen.
- State 2 Audit: Bei einem Stage 2 Audit prüft die Zertifizierstelle, ob sich das Unternehmen an die eigenen Vorgaben hält. Dazu prüft sie die Aufzeichnungen, die die Organisation beim Durchlaufen ihrer Prozesse erstellt.
Bei den Audits stellen die Zertifizierstellen in der Regel Verbesserungsbedarf fest und teilen diesen meist in folgende drei Klassen auf:
- Empfehlungen: Diesen Empfehlungen der Zertifizierstelle können die Organisationen folgen, müssen es aber nicht. Zu viele nicht befolgte Empfehlungen können sich allerdings in Folgeaudits nachteilig auswirken.
- Minor nonconformities: Das sind Abweichungen von der Norm bzw. den gesetzlichen oder eigenen Vorgaben, die behoben werden müssen, aber nicht die Wirksamkeit des QM-Systems generell in Frage stellen.
- Major nonconformities: Diese wesentlichen Abweichungen zeigen, dass das Unternehmen so lange nicht bereit für eine QM-Zertifizierung ist, bis diese behoben sind. Zu viele dieser Abweichungen können dazu führen, dass die Zertifizierstelle den Prozess der QM-Zertifizierung unterbricht oder abbricht.
Viele Organisationen setzen diese Audits mit der QM-Zertifizierung gleich. Dies ist aber nicht zutreffend. Die Audits sind die Voraussetzung für die QM-Zertifizierung.
Lesen Sie hier mehr zum Ablauf von Audits.
Schritt 4: QM-Zertifizierung erhalten
Anhand der Ergebnisse dieser Audits entscheidet die Zertifizierstelle, ob die QM-Zertifizierung ausgesprochen wird. Dieser Schritt liegt also nicht in den Händen der Organisation, die die QM-Zertifizierung anstrebt.
Im Erfolgsfall stellt die Zertifizierstelle der Organisation das QM-Zertifikat aus, das eine begrenzte Gültigkeitsdauer hat.
Schritt 5: QM-Zertifizierung aufrechterhalten
„Nach dem Audit ist vor dem Audit“, lautet die Erkenntnis der Unternehmen. Denn sie müssen kontinuierlich nicht nur den eigenen Vorgaben folgen, sondern jährlich ein Überwachungsaudit und bei wesentlichen Änderungen (MDR, IVDR) bzw. in jedem dritten Jahr (ISO 13485) sogar ein Re-Zertifizierungsaudit durchlaufen.
Damit gibt es also eine QM-Zertifizierung, aber viele QM-Rezertifizierungen.
3. Was man auch wissen sollte
3.1 Aufwand, Dauer, Kosten
Dieses FAQ zum QM-System beantwortet Fragen wie:
- Wie lange dauert es bis zum Zertifikat?
- Was kostet es und welche Aufwände fallen an?
- Wo erhalte ich Unterstützung?
3.2 Erfolgsfaktoren
Unternehmen sind dann besonders häufig erfolgreich mit der QM-Zertifizierung, wenn
- das Top-Management hinter dem QM-System steht (Management Commitment),
- sie die notwendigen Ressourcen bereitstellen (Personal, Infrastruktur),
- sie die Qualifizierung der betroffenen Mitarbeitenden sicherstellen,
- sie die Zertifizierung nicht als einmalige Kraftanstrengung, sondern als täglich gelebte Praxis verstehen,
- sie immer das Ziel der QM-Zertifizierung verfolgen: eine bessere Qualität für die Kunden zu erreichen.
3.3 Typische Fehler
Hingegen haben es Unternehmen schwer, ihre QM-Zertifizierung zu erlangen oder aufrechtzuerhalten, wenn sie
- das QM-System erweitern, ohne es regelmäßig zu hinterfragen, zu aktualisieren und zu entschlacken,
- parallele Managementsysteme (Qualität, IT-Sicherheit, Umweltschutz usw.) aufbauen, anstatt diese Systeme zu integrieren,
- die betroffenen Personen nicht in die Entwicklung der Vorgabedokumente einbeziehen (beispielsweise sollte eine Software-Entwicklerin besser wissen, wie ein Software-Prozess zu gestalten ist, als ein QM-Verantwortlicher), was zu einem nicht gelebten QM-System führt,
- glauben, die Verantwortung für das QM-System dem QMB aufbürden zu können,
- versäumen, die Feedback-Loops über die Kunden (z. B. Kundenbeschwerden), das Management (insbesondere Managementbewertung) sowie die externen Audits für die kontinuierliche Verbesserung des QM-Systems zu nutzen.
4. Fazit und Zusammenfassung
Eine erfolgreiche QM-Zertifizierung ist für Medizinproduktehersteller meist nicht optional, sondern eine gesetzliche Notwendigkeit. Gleichzeitig ist sie hilfreich, um die Produktqualität und die Kundenzufriedenheit zu steigern sowie die Unternehmenseffizienz zu erhöhen.
Mit der richtigen Unterstützung lässt sich ein QM-System innerhalb von neun bis 18 Monaten bis zur erfolgreichen QM-Zertifizierung führen. Es gibt also keinen Grund, zu warten.