Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) ist eine nationale deutsche Verordnung, die Anforderungen an das Erstellen, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten stellt.
In einigen Fällen werden auch Hersteller zu Betreibern und unterliegen damit der MPBetreibV.
1. MPBetreibV: Die wichtigsten Anforderungen
a) Anforderungen an das Betreiben
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung stellt zum einen Anforderungen an das Betreiben wie
- die Instandhaltung einschließlich der Prüfung „der für die Sicherheit und Funktionstüchtigkeit der Medizinprodukte wesentlichen und konstruktiven Merkmale“ (§ 3 MPBetreibV),
- die Einweisung der Anwender (§ 5 MPBetreibV),
- mindestens alle zwei Jahre die Durchführung von sicherheitstechnischen Kontrollen STK (§ 6 MPBetreibV) (siehe unten),
- das Führen eines Medizinproduktebuchs (§ 7 MPBetreibV) und Bestandsverzeichnisses (§ 8 MPBetreibV) sowie
- messtechnische Kontrollen MTK (§ 14 MPBetreibV) (siehe unten).
b) Anforderungen an den Betreiber und an Personen
Es gibt Anforderungen an den Betreiber bzw. die Personen selbst wie z.B. in § 2 MPBetreibV:
(2) Medizinprodukte dürfen nur von Personen errichtet, betrieben, angewendet und in Stand gehalten werden, die dafür die erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzen.
Diese Forderungen richten sich nicht nur an Ärzte. Ärzte verfügen auch nicht notwendigerweise über alle Kompetenzen, um Medizinprodukte zu betreiben. Beispielsweise sind bei Software auch Tätigkeiten notwendig wie das Update des Betriebssystems, der Laufzeitumgebung, das Aktualisieren von Firewalls und Antivirus-Programmen, um den sicheren Betrieb sicherzustellen.
c) Anforderungen an das Risikomanagement
Die Sicherheit der Patienten, Anwender und Dritte steht auch bei der MPBetreibV im Mittelpunkt. Sie fordert:
Der Betreiber hat die ihm nach dieser Verordnung obliegenden Pflichten wahrzunehmen, um ein sicheres und ordnungsgemäßes Anwenden der in seiner Gesundheitseinrichtung am Patienten eingesetzten Medizinprodukte zu gewährleisten
MPBetreibV, §3 (1)
Die gilt explizit auch für vernetzte Medizinprodukte:
Miteinander verbundene Medizinprodukte sowie mit Zubehör einschließlich Software oder mit anderen Gegenständen verbundene Medizinprodukte dürfen nur betrieben und angewendet werden, wenn sie zur Anwendung in dieser Kombination unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung und der Sicherheit der Patienten, Anwender, Beschäftigten oder Dritten geeignet sind.
MPBetreibV, §4 (4)
Betreiber dieser „verbundenen Medizinprodukte sowie Zubehör einschließlich Software“ sollten weitere spezielle Regelungen beachten, um die Konformität mit den Anforderungen der MPBetreibV. Beispielsweise wendet sich die Norm IEC 80001 ebenfalls an die Betreiber. Sie stellt Anforderungen daran, wie diese das Risikomanagement für ihre medizinischen “IT-Netzwerke” anwenden sollen. Die IEC 80001 ist aber nicht gesetzlich gefordert.
2. Betreiber im Sinne der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV)
Unter Betreiber versteht man intuitiv eher Institutionen als Personen, konkret Institutionen, die Medizinproduktebetreiber im Sinne des Medizinproduktegesetzes sind. Typische Betreiber sind Krankenhäuser, Arztpraxen und medizinische Versorgungszentren.
a) Fehlende Definition des Begriffs „Betreiber“ vor 2017
Allerdings gab es keine Definition des Begriffs Betreiber, weder im MPG noch in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung MPBetreibV. Daher mussten sich schon Gerichte damit beschäftigen herauszufinden, was der Gesetzgeber unter einem Betreiber versteht.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
Hier ein Auszug aus einem Urteil:
Die Auslegung des Begriffs „Betreiber“ muss vom Wortsinn ausgehen. Das Wort „Betreiben“ wird in vielfältigen Zusammenhängen verwendet. Man kann zum Beispiel Studien, ein Geschäft, ein Handwerk, eine Angelegenheit, Ackerbau, Handel oder auch eine Liebhaberei betreiben (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Aufl. 2000, Stichwort „Betreiben“; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2. Aufl., Stichwort „Betreiben“). Allen diesen Verwendungen ist gemeinsam, dass sie eine Tätigkeit bezeichnen. Insbesondere wenn vom Betreiben einer Maschine die Rede ist, steht für das allgemeine Sprachempfinden außer Frage, dass der tatsächliche Gebrauch und die Benutzung der Maschine gemeint sind. Betreiber ist danach derjenige, der – selbst oder durch seine Mitarbeiter – die Arbeit der Maschine steuert, sie an- und auch wieder abstellt und sie während des Betriebes überwacht. Entscheidend ist hierfür das Vorhandensein der tatsächlichen Sachherrschaft. An diesem Wortsinn orientiert sich ersichtlich auch die aufgeführte neuere Kommentarliteratur. Geht man davon aus, so liegt auf der Hand, dass der Verleiher eines Geräts, der dieses einem anderen zum Gebrauch und zur Nutzung überlässt, nicht Betreiber ist.
Das Fehlen einer gesetzlichen Definition des Begriffs Betreiber kann angesichts der Vielzahl anderer im Medizinproduktegesetz enthaltenen Definitionen nur dahin gedeutet werden, dass der Gesetzgeber diesen Begriff für eindeutig hielt und ihn im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs verwendet wissen wollte….
Achtung beim „googeln“: Passen sie auf, dass sie nicht ins Österreichische Recht kommen, da gibt es eine Definition der Begriffs Betreiber.
b) Definition des Begriffs „Betreiber“ ab 2017
In der Novelle der MPBetreibV, die zum 01.01.2017 in Kraft trat, hat der Gesetzgeber nun endlich die fehlende Begriffsdefinition ergänzt:
Definition: Betreiber
„(2) Betreiber eines Medizinproduktes ist jede natürliche oder juristische Person, die für den Betrieb der Gesundheitseinrichtung verantwortlich ist, in der das Medizinprodukt durch dessen Beschäftigte betrieben oder angewendet wird. Abweichend von Satz 1 ist Betreiber eines Medizinproduktes, das im Besitz eines Angehörigen der Heilberufe oder des Heilgewerbes ist und von diesem zur Verwendung in eine Gesundheitseinrichtung mitgebracht wird, der betreffende Angehörige des Heilberufs oder des Heilgewerbes. Als Betreiber gilt auch, wer außerhalb von Gesundheitseinrichtungen in seinem Betrieb oder seiner Einrichtung oder im öffentlichen Raum Medizinprodukte zur Anwendung bereithält.“
MPBetreibV
3. MDR, MPDG und MPBetreibV
Die MDR gibt in Europa den rechtlichen Rahmen für Medizinproduktehersteller. Sie stellt auch einige Anforderungen an die Gesundheitseinrichtungen z.B. bezüglich:
- Eigenherstellung
- Wiederaufbereitung
- UDI
Die MDR regelt aber nur in sehr eingeschränktem Umfang die Anwendung und den Betrieb der Medizinprodukte. Dies ist Aufgabe der MPBetreibV.
Abb. 1.: Abgrenzung von MDR und MPBetreibV
Nationale Verordnungen bedürfen immer eines Gesetzes, das eine entsprechende „Verordnungsermächtigung“ enthält. Im Falle der MPBetreibV ist das der §88 im MPDG.
4. Was die Benannten Stellen bei Herstellern prüfen, die gleichzeitig Betreiber sind
Wann sind Hersteller gleichzeitig Betreiber, fragen Sie sich vielleicht. Bei den Mobile Medical Apps ist das inzwischen eher die Regel als die Ausnahme, denn die Inverkehrbringer, die Medizinproduktehersteller, betreiben einen Server, der Daten und teilweise auch wesentliche Teile der Logik enthält und dessen Software ein Medizinprodukt oder ein Teil eines Medizinprodukts ist.
Ich habe die Benannten Stellen gefragt, wie sie die Einhaltung der MPBetreibV prüfen würden. Die einhellige Antwort war: überhaupt nicht! Das sei Aufgabe der Behörden wie der Gewerbeaufsichtsämter.
Wenn hingegen das (ISO 13485) QM-System den Betrieb umfasst – was der Fall sein sollte – würden die Benannten Stellen in ihrer Rolle als Auditoren prüfen, ob die Hersteller = Betreiber konform mit diesem QM-System arbeiten. Insofern könnte es durchaus zu Problemen beim Audit kommen.
Die Prozesse, die den Betrieb betreffen, müssen im Gegensatz zu einem Entwicklungsprozess keiner harmonisierten Norm genügen. Eine Prüfung beispielsweise gegen die Forderungen einer ISO 27001 wäre freiwillig. Eine Ausnahme bilden DiGA-Hersteller. Hier besteht die DiGAV auf einem IT-Sicherheitsmanagementsystem z.B. nach ISO 27001.
Wenn Sie Hersteller sind und Hilfe beim Aufbau eines QM-System benötigen, das den Betrieb regelt (z.B. beim Verfassen von SOPs), dann geben Sie Bescheid. Wir helfen gerne.
5. Sicherheitstechnische Kontrollen (STK) und messtechnische Kontrollen (MTK)
Abb. 1: Die MPBetreibV fordert in § 11 sicherheitstechnische Kontrollen (STK) und in § 14 messtechnische Kontrollen (MTK). (zum Vergrößern klicken)
a) Sicherheitstechnische Kontrollen (STK)
Sicherheitstechnische Kontrollen haben das Ziel, die Sicherheit von Medizinprodukten zu überprüfen und sicherzustellen, um Gefährdungen für Patienten, Anwender und Dritte zu minimieren.
Die STKs sind aber nur für die in Anlage 1 gelisteten Medizinprodukte vorgeschrieben. Das sind im wesentlichen kritische aktive, nicht-implantierbare Produkte wie Kernspingeräte, Stimulatoren, Beatmungsgeräte oder Geräte zur Lithotripsie. Allerdings kann der Hersteller unabhängig von der Anlage I eine STK verlangen, wenn gleich die MPBetreibV in §7 dann vor Wartung spricht:
„Wartungen, die erforderlich sind, um den sicheren und ordnungsgemäßen Betrieb der Medizinprodukte fortwährend zu gewährleisten. Die Instandhaltungsmaßnahmen sind unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers durchzuführen, der diese Angaben dem Medizinprodukt beizufügen hat.“
Umgekehrt können Hersteller die Betreiber nicht (wirklich) von den Pflichten zu STKs befreien. Von der Gefährdungsbeurteilung und sicherheitstechnischen Bewertung (TRBS 1111) können die Hersteller die Betreiber in keinem Fall entbinden. Eine STK-Befreiung stellt im Sinne der TRBS nur eine Rückstellung des Gefährdungspotentials dar. Damit kommt der Betreiber faktisch nicht um eine Prüfung herum.
Sicherheitstechnische Kontrollen sind spätestens alle zwei Jahre von qualifizierten Personen durchzuführen und zu dokumentieren.
b) Messtechnische Kontrollen (MTK)
Die messtechnischen Kontrollen haben das Ziel, die Messgenauigkeit von Medizinprodukten sicherzustellen. Auch nennt die MPBetreibV (in Anlage 2) die Produkte. Dazu zählen Thermometer, Blutdruckmessgeräte, Ergometer und Dosimeter.
Im Gegensatz zur STK gibt es keine einheitliche Nachprüffrist. Vielmehr regelt das die Anlage 2 pro Gerätetyp.
Aber auch die MTKs sind von qualifizierten Personen durchzuführen und zu dokumentieren.
Hersteller dürfen den Betreibern kürzere, aber keine längeren Prüffristen vorschreiben. Sie können die Betreiber nicht von der Pflicht zu MTKs befreien.
6. Änderungen an der MPBetreibV
a) Änderungen zum 01.01.2017
Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) wurde im September 2016 überarbeitet. Die neue Version trat am 01.01.2017 in Kraft. Zu den Änderungen der Verordnung zählen:
- Die Verordnung enthält nun die Definition des Begriffs Betreiber
- Anwender müssen sich nicht nur vom Funktionieren von Medizinprodukten überzeugen, sondern auch von dem verbundener Produkte. Der zunehmenden Vernetzung soll hier Rechnung getragen werden. Es bleibt unklar, wie Anwender diese Forderung erfüllen sollen.
- Gesundheitseinrichtungen mit mehr als 20 Mitarbeitenden müssen einen zentralen Ansprechpartner, den Beauftragten für Medizinproduktesicherheit, bereitstellen. Die Anforderungen daran sind niedriger als an den Sicherheitsbeauftragten bei Herstellern.
- Eine Einweisung wird für alle Medizinprodukte gefordert. Ein bloßes „learning on the job“ ist nicht gestattet.
- Die sicherheitstechnischen Kontrollen sind nur noch für Produkte gefordert, die in Anlage 1 gelistet sind, es sei denn Hersteller fordert diese (mehr dazu weiter unten)
- Die messtechnischen Kontrollen sind nur noch für Produkte gefordert, die in Anlage 2 gelistet sind.
b) Änderungen im Jahr 2020/2021
Die Medizinprodukte-EU-Anpassungsverordnung – MPEUAnpV hat die Medizinproduktebetreiberverordnung MPBetreibV geändert.
Die MPBetreibV wurde u.a. in den folgenden Punkten geändert werden:
- Anwendungsbereich: jetzt (auch) MDR und IVDR
- Verantwortlichkeiten der Behörde
- Regelungen für Einmalprodukte und deren Aufbereitung
- Referenzen
- Pflichten im Kontext der Implantationsausweise
Viele Änderungen sind formaler Natur. So mussten die Verweise auf die EU-Richtlinien auf Verweise auf die EU-Verordnungen geändert werden.
Sie finden hier eine Gegenüberstellung der alten und neuen MPBetreibV.
Änderungshistorie
- 2021-05-31: Artikel weitgehend überarbeitet, Historie gelöscht, Kapitel 3 eingefügt, Kapitel 6 ergänzt