Bereits im Dezember 2021 hat die EU die Übergangsfristen der Verordnung 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (IVDR) verlängert, wie wir dieser Pressemitteilung entnehmen können. Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben den Vorschlag der Europäischen Kommission vom 14. Oktober 2021 ohne Anpassungen übernommen. Das ändert jedoch nichts am Geltungsbeginn der Verordnung. Dieser bleibt der 26. Mai 2022. Allerdings verschaffen die neuen Fristen den Herstellern und Benannten Stellen etwas mehr Luft, um IVD-Produkte durch das Konformitätsbewertungsverfahren zu bringen. In einer weiteren durchgeführten Änderung durch die Europäische Kommission im März 2023 entfällt nun die Abverkaufsfrist.
Dadurch könnten die neuen Regelungen u. a. verhindern, dass IVD massenweise vom Markt verschwinden und sichere Produkte unnötigerweise entsorgt werden.
Erfahren Sie in diesem Artikel welche neuen Fristen nun gelten, was diese für Sie bedeuten und was Sie jetzt tun sollten.
1. Übersicht über die neuen Übergangsfristen
a) Was ist neu durch die Änderungsverordnung der IVDR?
Die Änderungen gewähren insbesondere Herstellern mehr Zeit, deren Produkte unter der IVDR eine Benannte Stelle benötigen. Solche Produkte dürfen auch noch nach dem 26. Mai 2022 hergestellt und in Verkehr gebracht werden. Aber Achtung! Einige Anforderungen der IVDR müssen trotzdem erfüllt werden. Mehr dazu erfahren Sie weiter unten.
b) Welche Produkte betreffen die Änderungen?
Zunächst ist wichtig, dass die neuen Regelungen nur für Bestandsprodukte gelten. Das sind Produkte, für die vor dem 26. Mai 2022 die Konformität erklärt wurde (bzw. bis dahin noch wird) UND die unter der IVDR in die Klassen D, C, B oder A (steril) fallen. Das bedeutet, dass alle Produkte von einer verlängerten Übergangsfrist profitieren, außer
- Klasse A-Produkte ohne Steril-Kennzeichnung und
- neue Produkte, für die erst nach dem 26. Mai 2022 eine Konformitätserklärung ausgestellt wird.
c) Wie lang sind die neuen Fristen?
Wie lang die neuen Fristen sind, hängt von der künftigen Risikoklasse ab und ob eine Benannte Stelle bereits unter IVDD beteiligt war.
- Für Produkte der Klasse A gibt es keine verlängerte Frist mit Ausnahme von Sterilprodukten.
- Diese sterilen Klasse-A-Produkte erhalten zusammen mit Klasse-B-Produkten die längste Übergangsfrist für das Inverkehrbringen: bis 26. Mai 2027.
- Für Klasse-C-Produkte endet die Frist am 26. Mai 2026 und
- für Klasse-D-Produkte endet die Frist am 26. Mai 2025.
- Die sogenannte “Abverkaufsregelung” (Bereitstellung und Inbetriebnahme) entfällt.
Die folgende Abbildung fasst die Regelungen zusammen. Erfahren Sie im folgenden Abschnitt, wie das für die einzelnen Fälle im Detail aussieht.

2. Die neuen Fristen im Detail
a) IVD, für die unter IVDD eine Bescheinigung durch eine Benannte Stelle ausgestellt wurde und auch unter IVDR eine Benannte Stelle benötigen
Für In-vitro-Diagnostika, für die unter IVDD eine Bescheinigung durch eine Benannte Stelle ausgestellt wurde, ändert sich gemäß Artikel 110 Absatz (2) die Frist wie folgt:
- Bescheinigungen, die von Benannten Stellen vor dem 25. Mai 2017 gemäß IVDD ausgestellt wurden, bleiben bis zu dem in der Bescheinigung angegebenen Zeitpunkt gültig. Für diese Produkte gibt es also keine Änderung.
- Bescheinigungen gemäß Anhang VI der IVDD verlieren spätestens am 27. Mai 2025 ihre Gültigkeit.
(vorher: 2024 – Verlängerung um 1 Jahr) - Bescheinigungen, die von Benannten Stellen nach dem 25. Mai 2017 gemäß IVDD ausgestellt werden, verlieren spätestens am 27. Mai 2025 ihre Gültigkeit.
(vorher: 2024 – Verlängerung um 1 Jahr)
Was bedeutet das konkret?
Beispiel: Nehmen wir an, Sie haben für ein IVD der Liste B mit einer Bescheinigung einer Benannten Stelle gemäß Anhang IV der IVDD (vollständiges Qualitätssicherungssystem) die Konformität erklärt. Das Zertifikat trägt ein Ausstellungsdatum vor dem 25. Mai 2017. Dann sollte das Gültigkeitsdatum auf der Bescheinigung bis maximal 25. Mai 2022 ausgewiesen sein, denn das ist die Vorgabe der IVDD (Artikel 9 Abs. 10). Wer also für seine Bestandsprodukte keine aktuelle Bescheinigung unter IVDD von der Benannten Stelle bis spätestens 25. Mai 2022 erhält, muss unter IVDR die Konformität erklären. Dafür müssen Hersteller eine für die IVDR akkreditierte Benannte Stelle involvieren. Mit einem Zertifikat, das nun zwischen dem 25. Mai 2017 und dem 25. Mai 2022 ausgestellt wurde, muss die Zertifikatsgültigkeit spätestens am 26. Mai 2025 enden (letztes mögliches Datum), da es ansonsten per IVDR-Verordnung Art. 110 ungültig wird.
Die Voraussetzung für diesen Fall ist, dass eine Benannte Stelle bereits unter der IVD-Richtlinie 98/79/EG am Konformitätsbewertungsverfahren beteiligt ist bzw. war. Ansonsten kann keine Bescheinigung einer Benannten Stelle existieren.
Falls Sie Ihr QM-System freiwillig nach ISO 13485 zertifizieren lassen haben, ist das keine Bescheinigung einer Benannten Stelle, sondern von einer Zertifizierstelle. Nur ein Zertifikat einer akkreditierten Benannten Stelle mit Bezug auf die IVD-Richtlinie 98/79/EG würde hier gelten.
Produkte die eine solche Bescheinigung erhalten sind Produkte die dem Anhang II, Liste A und Liste B entsprechen oder Selbsttests, unabhängig vom gewählten Konformitätsbewertungsverfahren unter der IVDD. Es ist also egal, ob das betreffende Produkt über ein vollständiges Qualitätssicherungssystem, über die Baumusterprüfung oder die Auslegungsprüfung bei Selbsttests eine Bescheinigung unter IVDD erhalten hat.
b) “Sonstige IVD”, die unter IVDD bereits in Verkehr gebracht wurden und unter IVDR eine Benannte Stelle benötigen
- Für In-vitro-Diagnostika, für die Hersteller unter IVDD ohne Einbeziehung einer Benannten Stelle die Konformitätserklärung selbst vor dem 26. Mai 2022 ausgestellt haben und die unter IVDR gemäß IVDR-Klassifizierungsregeln ein Konformitätsbewertungsverfahren mit einer Benannte Stelle durchlaufen müssen, gelten folgende neue Übergangsfristen:
- 26. Mai 2025 für IVD der Klasse D
- 26. Mai 2026 für IVD der Klasse C
- 26. Mai 2027 für IVD der Klasse B
- 26. Mai 2027 für IVD der Klasse A, die steril in Verkehr gebracht werden.
- Je nach Risikoklasse des IVD dürfen diese Bestandsprodukte somit auch nach dem Gültigkeitsdatum der IVDR am 26. Mai 2022 weiterhin in Verkehr gebracht werden, vorausgesetzt, die Produkte halten die Anforderungen der IVDD ein und es erfolgt keine signifikante Änderung am Design und an der Zweckbestimmung.
- Hersteller sollten jedoch beachten, dass auch für Produkte, für die die vorgeschlagenen Übergangsfristen anwendbar wären, die Anforderungen der IVDR an die Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS), die Marktüberwachung, die Vigilanz und die Registrierung von Wirtschaftsakteuren und Produkten einzuhalten sind.
Was bedeutet das konkret?
Angenommen, für das Produkt wurde bzw. wird unter der IVDD noch vor dem 26. Mai 2022 eine Konformitätserklärung gemäß Anhang III ohne Benannte Stelle ausgestellt. Dann stellt sich die Frage, unter welche Klasse das Produkt in Zukunft unter der IVDR fallen wird.
Falls Sie diese Option nutzen wollen, achten Sie bitte auf die Details bei der Konformitätserklärung. Dieser Artikel hilft Ihnen dabei: EU-Konformitätserklärung – Declaration of Conformity
I) Fällt das Produkt künftig in Klasse D, dann dürfen Sie noch bis 26. Mai 2025 diese Produkte herstellen und in Verkehr bringen, aber nicht mehr wesentlich ändern. Danach dürfen Sie bzw. der Distributor das Produkt weiterhin bereitstellen und inbetriebnehmen, da die sogenannte “Abverkaufsregel” entfällt.
Da die Begriffe “in Verkehr bringen”, „Bereitstellung“ und „Inbetriebnahme“ immer wieder Verständnisprobleme verursachen, empfehlen wir Ihnen diesen Artikel: Inverkehrbringung
II) Fällt das Produkt künftig unter Klasse C, ist die Herstellung und Inverkehrbringung bis 26. Mai 2026 erlaubt. Wesentliche Änderungen sind nicht gestattet.
III) Fällt das Produkt künftig unter Klasse B oder A (steril), sind Herstellung und Inverkehrbringung bis 26. Mai 2027 erlaubt, was somit die längste Übergangsfrist darstellt. Wesentliche Änderungen am Produkt sind auch hier nicht gestattet.
Wie bei der MDR erwarten wir, dass der Begriff „wesentliche Änderungen“ erneut Anlass zu Diskussionen bietet. So zum Beispiel die Frage, wie groß Änderungen sein dürfen, damit sie nicht als „wesentlich“ betrachtet werden müssen. Beachten Sie hierzu die Artikel zu „Design Changes“ und „Software Changes“.
c) Keine Verlängerung für “normale” (nicht-sterile) Klasse-A-Produkte und „neue“ IVD
Die von der Kommission vorgeschlagenen Verlängerungen sollen für zwei Produktgruppen allerdings NICHT gelten:
- Normale” (nicht-sterile) Klasse-A-Produkte
- „Neue“ IVD
Fällt das Produkt künftig unter Klasse A und ist es kein Sterilprodukt, müssen Hersteller in jedem Fall ab 26. Mai 2022 einen Konformitätsnachweis gemäß IVDR erbringen und alle anwendbaren Anforderungen der IVDR erfüllen. Sie können damit keine verlängerte Übergangsfrist nutzen. Da keine Benannte Stelle erforderlich ist, liegt es also einzig an den Ressourcen und der Zeitplanung des Herstellers, dieses Ziel zu erreichen.
Ebenso wenig gelten die verlängerten Fristen für „neue“ In-vitro-Diagnostika. Als solche sieht die Kommission IVD an, deren Konformität nicht unter der IVDD erklärt wurde.
Auch für diese Produkte müssen Hersteller in jedem Fall ab dem 26. Mai 2022 einen Konformitätsnachweis gemäß IVDR erbringen.
d) Laboratory Developed Tests (LDT)
Für Produkte, die von medizinischen Einrichtungen selbst produziert und verwendet werden, gibt es nun ebenfalls etwas mehr Spielraum. Damit sollen vor allem die durch die Corona-Pandemie stark gebeutelten Gesundheitseinrichtungen wie Laboratorien entlastet werden.
Doch Vorsicht, folgende Anforderungen bleiben unberührt:
(3) Ein Nachweis der Einhaltung der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen umfasst auch eine Leistungsbewertung gemäß Artikel 56.
(4) Produkte, die in Gesundheitseinrichtungen hergestellt und verwendet werden, gelten als in Betrieb genommen.
(5) Mit Ausnahme der einschlägigen grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäß Anhang I gelten die Anforderungen dieser Verordnung nicht für Produkte, die ausschließlich innerhalb von in der Union ansässigen Gesundheitseinrichtungen hergestellt und verwendet werden, sofern alle folgenden Bedingungen erfüllt sind
Unverändert bleiben auch Artikel 5 (5) Satz 1, Satz 2 Buchstabe a) und die Sätze 3 bis 5.
Damit müssen ab 26. Mai 2022 in der EU alle Lab Developed Tests (LDT) die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäß Anhang I IVDR inkl. der Leistungsbewertung erfüllen und dürfen nicht an eine andere rechtlich eigenständige Einrichtung abgegeben werden – gesetzliche Vorgaben, die in Deutschland bereits im Medizinproduktegesetz (MPG) verankert sind.
Artikel 5 (5) der IVDR sieht für LDT speziell zu den Unterpunkten des Satzes 5 längere zeitliche Fristen vor. Für die Implementierung der Unterpunkte b) und c) sowie e) bis i) gilt nun eine Frist bis zum 26. Mai 2024. Für Buchstabe d) gilt eine Frist bis 26. Mai 2028.
Die längste Frist erhält Buchstabe d). Dieser besagt:
“die Gesundheitseinrichtung liefert in ihrer Dokumentation eine Begründung dafür, dass die spezifischen Erfordernisse der Patientenzielgruppe nicht bzw. nicht auf dem angezeigten Leistungsniveau durch ein gleichartiges auf dem Markt befindliches Produkt befriedigt werden können;”
Diese Forderung sollte erreichen, dass zwischen LDTs und kommerziellen Produkten am Markt kein Wettbewerb herrscht, da sie unterschiedlich reguliert werden. Nun hat die EU diesen Punkt ganz ans Ende der Übergangsfrist gesetzt mit der Begründung, dass Labore erst dann die Produkte am Markt mit dem eigenen Produkt vergleichen können, wenn auch alle IVD-Produkte am Markt unter IVDR zugelassen und in EUDAMED registriert sind.
Wofür die EU bei LDTs einen Aufschub gewährt
Folgende Punkte des Artikel 5(5) erhalten zwei Jahre Aufschub bis 26. Mai 2024:
- Qualitätsmanagementsystem
Buchstabe b) bezieht sich auf die Forderung nach einem geeigneten Qualitätsmanagementsystem, das mindestens die Entwicklung und Herstellung von IVD aus der ISO 13485 berücksichtigen müsste, um dem Stand der Technik gerecht zu werden.
- Qualitätssicherung im Labor
Buchstabe c) fordert die Einhaltung der Vorgaben der ISO 15189 für die Qualitätssicherung im Labor und die Erfüllung nationaler Akkreditierungs-Vorschriften wie in Deutschland die RiliBÄK (Richtlinie der Bundesärztekammer für die Qualitätssicherung in der Laboratoriumsmedizin). - Bereitstellung von Information
Buchstabe e) Bereitstellung von Information für Behörden über Herstellung, Modifikation und Verwendung - Öffentliche Erklärung
Buchstabe f) Erklärung über die Einhaltung des Anhang I der IVDR - Dokumentation
Buchstabe g) Dokumentation zu Fertigung, Konstruktion und Leistung, Also sozusagen die “Produktakte” - Nachweis Herstellung nach Vorgaben (Batch record)
Buchstabe h) Nachweis der Herstellung gemäß der Spezifikationen in der “Produktakte” - Schwerwiegende Vorkommnisse und Korrekturmaßnahmen
Buchstabe i) Sammeln und Bewerten von Erfahrungen in der klinischen Anwendung, sowie Ableiten von Korrekturmaßnahmen
e) EUDAMED
Die Frist für eine EUDAMED-Registrierung von IVD ist nach bisherigem Stand der 26. November 2023.
Dies ergibt sich aus Artikel 26 Absatz 3 IVDR sowie aus Artikel 113 IVDR, der darauf Bezug nimmt. Art. 113 IVDR verweist auch darauf, dass IVD 18 Monate nach dem Geltungsbeginn der IVDR in EUDAMED registriert werden müssen.
Mehr Informationen finden Sie im Beitrag zu den Übergangsfristen von EUDAMED.
3. Was sich nicht ändert
Die IVDR gilt ab 26. Mai 2022. Damit gelten auch die Überwachungspflichten der Produkte im Markt (Artikel 78 bis 81) sowie zur Vigilanz (Artikel 82 bis 87) und der Überwachung durch zuständige Behörden, ungeachtet der Übergangsfristen. Somit ist das gesamte Kapitel VII der IVDR anzuwenden, auch wenn die Produkte noch unter IVDD in Verkehr gebracht werden. Außerdem müssen sich Wirtschaftsakteure in der EUDAMED registrieren.
However , the requirements of this Regulation relating to post-market surveillance, market surveillance, vigilance, registration of economic operators and of devices shall apply to devices referred to […] instead of the corresponding requirements in Directive 98/79/EC.
Vorschlag der EU Kommission vom 14. Okt. 2021 zur Anpassung der IVDR (EU) 2017/746
Die Benannte Stelle, die unter der IVD-Richtlinie Zertifikate ausgestellt hat, ist auch in der Übergangsfrist weiter zuständig für die Überwachung der Konformität.
Wichtig ist zudem, dass keine wesentlichen Änderungen an den Produkten oder deren Zweckbestimmung in der Übergangsfrist durchgeführt werden, denn dann müssen Hersteller die IVDR unmittelbar und vollends anwenden.
4. Hintergrund der Änderungen
Die IVDR ist am 25. Mai 2017 in Kraft getreten und gilt seit dem 26. Mai 2022 verbindlich. Daran ändern auch die neuen Fristen nichts. Damit wäre bisher ein großer Teil der unter der IVDD ausgestellten Konformitätserklärungen ab Mai 2022 ungültig geworden.
Am 14. Oktober 2021 hat die EU-Kommission dem Rat und dem Parlament jedoch einen Änderungsvorschlag für die IVDR vorgelegt, um Herstellern mehr Zeit zu verschaffen, das Konformitätsbewertungsverfahren zu durchlaufen. Die daraus resultierende Änderungsverordnung hat in kürzester Zeit das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen, ebenso wie ein weiterer Änderungsvorschlag von Januar 2023, in dem die „Abverkaufsregelung“ entfällt.
Gründe
Die Kommission hat ihren Vorschlag vor allem mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie begründet: Diese binde viele Ressourcen, wodurch eine rasche Umsetzung nötiger Maßnahmen kaum möglich sei.
Doch auch die Auswirkungen der MDR auf den Medtech-Markt dürften eine Rolle spielen. Ein Produkt-Kahlschlag wie durch die MDR soll für In-vitro-Diagnostika vermieden werden. Bereits seit Monaten schlagen verschiedene Akteure Alarm.
- Zahlreiche Stakeholder aus Politik, der Medtech-Industrie, von Benannten Stellen, dazu medizinische Fachkräfte, Wissenschaftler:innen und gemeinnützige Organisationen haben vor den Gefahren der zu kurzen Fristen der IVDR gewarnt.
- Am 11.5.2021 bzw. 15.6.2021 haben sich verschiedene Parteien sowie der Rat der Gesundheitsminister an die Kommission gewandt, um eine Neuregelung zu erwirken.
Wie dramatisch die Lage ist, erkannte die Kommission in ihrem Vorschlag an:
- Zum Zeitpunkt des Änderungsvorschlags in 2021 gab es nur sechs Benannte Stellen in ganz Europa, die sich mit der IVDR befassen können (unter der IVDD waren es 18).
- Dabei muss nun für erheblich mehr In-vitro-Diagnostika eine Benannte Stelle involviert werden: Bisher lag die Quote bei ca. 8 % der auf dem Markt befindlichen In-vitro-Diagnostika. Unter der IVDR müssten bei knapp 78 % (insgesamt ca. 24.000 IVD) eine Benannte Stelle involviert werden.
- Nach einer Erhebung von MedTech Europe würden ohne Verlängerung der Fristen ab 2022 ca. 22 % der In-vitro-Diagnostika vom Markt verschwinden (momentan sind rund 40.000 IVD auf dem Markt, d. h. 9.000 würden verschwinden).
- Gerade Covid-19 habe jedoch gezeigt, wie wichtig zuverlässige In-vitro-Diagnostika seien.
- Ca. 70 % der klinischen Entscheidungen werden mithilfe von In-vitro-Diagnostika getroffen.
- Der Änderungsvorschlag in 2023 ergänzt Folgendes: Um eine unnötige Entsorgung sicherer Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika, die sich noch in der Lieferkette befinden, zu vermeiden, wodurch das unmittelbare Risiko von Engpässen noch erhöht würde, sollte eine solche weitere Bereitstellung von Produkten zeitlich unbegrenzt sein.
5. Was die Änderungen für Hersteller bedeuten
- Hersteller sollten unbedingt weiter an ihrem Umsetzungsplan festhalten, damit ihre IVD rechtzeitig IVDR-konform werden.
- Gerade aufgrund der knappen Ressourcen sollten Hersteller nicht unnötig Zeit verstreichen lassen.
- Hersteller sollten sich über die Risikoklasse ihrer IVD klar werden. Hiervon hängt nicht nur das Konformitätsbewertungsverfahren ab, sondern auch die Übergangsfrist.
5. Fazit
Die IVDR gilt seit dem 26. Mai 2022. Daran ändern auch die neuen Regelungen in der IVDR nichts. Allerdings erhält nun ein Großteil der IVD-Hersteller mehr Zeit, um die nötigen Konformitätsnachweise für ihre Produkte zu erbringen. Angesichts der wenigen Benannten Stellen, die es bislang für die IVDR gibt, und die allgemein angespannte Lage aufgrund der Corona-Pandemie, dürfte dies für viele eine große Erleichterung bringen – und wichtige IVD-Produkte vor dem Verschwinden vom Markt bewahren. Zudem wird ein unnötiges Entsorgen von sicheren Produkten nun verhindert. Auch für Medizinische Labore gelten nun einige Anforderungen erst mit zeitlicher Verzögerung. Dennoch müssen auch sie für In-House-Produkte bzw. Lab developed Tests die Grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllen.
6. Weiterführendes
Zweiundzwanzig Tage vor Geltungsbeginn der IVDR hat die MDCG eine neue Leitlinie veröffentlicht, die MDCG 2022-6. Diese soll Klarheit über das Konzept von „wesentlichen Veränderungen der Auslegung und Zweckbestimmung“ gemäß Artikel 110(3) der IVDR schaffen. Damit ist die Leitlinie insbesondere relevant für Hersteller von IVDD-konformen Produkten, die noch nach dem 26. Mai 2022 in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden sollen. Die Leitlinie orientiert sich an der im März 2020 veröffentlichten Leitlinie MDCG 2020-03.
Die MDCG legt zunächst fest, was keine „wesentlichen Veränderungen“ sind. Dies umfasst insbesondere administrative Änderungen und organisatorische Änderungen – eng angelehnt an MDCG 2020-03. Im Weiteren werden die „wesentlichen Veränderungen der Auslegung und Zweckbestimmung“ definiert. Hierbei wird auf die sechs Flussdiagramme im Anhang verwiesen und es werden konkrete Beispiele aufgeführt.
Fazit
Wenn man sich als IVD-Hersteller bereits mit der MDCG 2020-3 auseinandergesetzt hat, ist die MDCG 2022-6 keine große Überraschung. Einen Mehrwert liefern jedoch die konkreten Beispiele ab Kapitel 4.3.2.1.
Unsere strategischen Expertinnen und Experten des Johner Instituts unterstützen Sie gern bei Fragen zur Zulassungsstrategie von IVD oder speziell zum Thema Lab Developed Tests. Kontaktieren Sie uns einfach über das Formular oder schreiben Sie eine E-Mail.
Versionshistorie:
- 2023-04-11: Hinweise zur Regulierung (EU) 2023/607 ergänzt.
- 2023-01-09: Hinweis zum Kommissionsvorschlag ergänzt.
- 2022-05-06: Hinweise zu MDCG 2022-6 ergänzt.
- 2022-03-22: Unter 2e) Hinweise zur Registrierungsfrist in EUDAMED eingefügt.
Sehr geehrter Herr Dr. Grömminger,
vielen Dank für Ihre Zusammenfassung!
Wenn wir als Hersteller die Übergangsfrist nutzen möchten, müssen wir aber trotzdem mindestens folgende Dokumente aufsetzen:
Post market surveillance Plan
Leistungsbewertung
Risikomanagement
Sehe ich das richtig?
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Martina Mitterhuber
Liebe Frau Mitterhuber,
gerne geschehen. Danke für Ihre spanende Frage.
Als erstes sollten Sie die Risiko-Klasse A, B C oder D für Ihr IVD ermitteln gemäß IVDR Anhang VIII. daraus ergibt sich Ihre Übergangsfrist.
Ja, dann benötigen Sie für die Übergangsfrist einen Post-Market surveillance (PMS)-Plan gemäß Art. 79.
Gemäß Ihres Plans dann aber auch in zeitlichem Versatz einen PMS-Report (Art. 80) bzw. je nach Klasse des Produktes nach einem Jahr in der Übergangsfrist einen Periodic Safety Update Report, bei Klasse C und D (Art. 81)
Da solche Reports immer ein Ergebnis eines Prozesses sind, benötigen Sie auch noch entsprechende Verfahrensanweisungen:
– Eine PMS-Verfahrensanweisung
– eine für den Vigilanz-Prozess (Art. 82) sowie
– eine für das Trend Reporting (Art. 83)
Einen Leistungsbewertungsprozess und und eine Leistungsbewertung sollten Sie ja bereits für das bestehende Produkt haben. Hier sollten Sie die Übergangsfrist nutzen, die Leistungsbewertung auf die Anforderungen der IVDR anzupassen. Hiermit sind erhebliche Aufwände verbunden.
Das Risikomanagement ist erfahrungsgemäß die größte Schwachstelle bei Produkten, die bisher nicht in der Überwachung durch eine Benannte Stelle sind. Daher meine dringende Empfehlung auch diesen Prozess und die bestehende Risikomanagement-Akte zu Überarbeiten. Die Leistungsbewertung baut darauf auf, daher empfehle ich mit dem Risikomanagement zu beginnen.
Ich hoffe, das hilft Ihnen weiter.
Falls sie Anleitungen und Vorlagen benötigen, können Sie gerne eine kostenlose Demonstration unseres Auditgarants buchen: https://www.johner-institut.de/auditgarant/
Herzliche Grüße,
Sebastian Grömminger
Dear Dr. Grömminger,
What is the deadline for IVDR-manufacturers of legacy devices to register in Eudamed?
Thank you!
Best regards, Rony
Dear Rony, Article 113 states: Article 26(3) shall be applied 18 months after the date of application, provided EUDAMED is fully operational on May 26, 2022. Under these prerequisites, the deadline for registering the products and economic operators under IVDR is Nov. 26, 2023.
With best regards,
Sebastian Grömminger
Sehr geehrter Herr Dr. Grömminger,
vielen Dank für Ihre ausführliche Zusammenfassung. Eine kurze Frage habe ich jedoch: In welchem Artikel der IVDR sind die oben beschriebenen Abverkaufsregeln geregelt?
Über eine kurze Rückmeldung würde ich mich sehr freuen.
Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen
Leonie Ackermann
Liebe Frau Ackermann, vielen Dank für Ihr positives Feedback zum Artikel. Die betreffende Stelle in der IVDR ist Artikel 110 Absatz (4). die korrekte Begrifflichkeit für die umgangssprachliche „Abverkaufs-Regelung“ ist „Bereitstellung und Inbetriebnahme“.
Herzliche Grüße,
Sebastian Grömminger
Sehr geehrter Dr. Grömminger,
Vielen Dank für Ihre ausführlichen Erklärungen.
Wir sind Hersteller von Kontrollmaterialien im Bereich Toxikologie und Forensische Chemie (Drogenmissbrauch, Fahreignung, etc… unsere Produkte fallen per Definition unter der Klasse B. Wir können und werden die IVDr nicht umsetzen können. Wir werden die Übergangsfristen bis zum letzten Abverkauf unserer CE-Produkte nutzen und die Akkreditierung anstreben.
Meine Frage müssen wir uns (und die Produkte) trotzdem bei EUDAMED registrieren? Lieben Dank im Voraus für Ihre Rückmeldung. Mit freundlichen Grüßen, Natacha Valois
Liebe Frau Valois,
bitte bedenken Sie noch bei Ihren Überlegungen, dass die forensischen Produkte nicht zwingend einen medizinischen Zweck erfüllen und damit ggf. nicht unter die IVDR fallen. Für Ihre IVDs mit eindeutiger IVD-Zweckbestimmung ist die Antwort JA, auch wenn diese nach der Übergangsfrist nicht gemäß IVDR in Verkehr gebracht werden, müssen Sie die Registrierungspflichten in EUDAMED für die Firma und die „Legacy Devices“ erfüllen. Mehr dazu finden Sie hier: https://www.johner-institut.de/blog/johner-institut/legacy-devices/ und in der darin zitierten MDCG 2019-5, die zwar für die MDR geschrieben ist aber ausdrücklich auch für die IVDR gilt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit weiterhelfen,
wenn Sie mehr Unterstützung benötigen, melden Sie sich gerne bei uns.
Mit besten Grüßen,
Sebastian Grömminger
Sehr geehrter Dr. Grömminger,
seit einigen Monaten ändern viele Hersteller Name und/oder Adresse des legal Manufacturers auf deren Konformitätserklärungen.
Nun bekommen wir häufig Konformitätserklärungen zur IVDD, die nach dem 26.05.22 geändert und unterschrieben wurden.
Ist das rechtlich in Ordnung?
Darf ein Hersteller eine geringfügige Änderung der Konformitätserklärung (wie Addresse), die nichts mit dem Produkt an sich zu tun haben, auch nach 26.05.22 durchführen?
Oder müsste das in einem Sideletter zur Original-DoC passieren?
Vielen Dank für Ihre Hilfe und mit freundlichen Grüßen,
Martina Mitterhuber
Liebe Frau Mitterhuber,
vielen Dank für Ihre interessante Frage. Zunächst bin ich sehr erfreut zu lesen, dass Sie Konformitätserklärungen mit einem Datum später als der 26. Mai 2022 sehr kritisch prüfen. Damit kommen Sie Ihrer gesetzlichen Verantwortung nach. Wenn bereits für das Produkt eine DoC mit Datum vom 26. Mai oder früher vorlag und die Änderung gemäß MDCG 2022-6 eine nicht-signifikante Änderung darstellt, ist das durchaus legitim. Es dürfen jedoch keine neuen Zertifikate einer Benannten Stelle ausgestellt worden sein (betrifft nur Liste A, Liste B und Selbst-Tests gemäß IVDD). Lassen Sie sich im Zweifel eine Begründung für die Einstufung als nicht-signifikante Änderung gemäß MDCG 2022-6 vom Hersteller geben, dann sind Sie Ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen. Wenn jedoch weitere Zweifel aufkommen sollten, müssten Sie ggf. auch Ihre zuständige Behörde informieren.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage damit beantworten.
Herzliche Grüße,
Sebastian Grömminger
Sehr geehrter Herr Dr. Grömminger,
aus Sicht der Importeure und Distributeure von IVD ergeben sich mit dem neuen Rechtsrahmen zusätzliche Pflichten, u.a. die Kennzeichnungspflicht als Importeur und die diversen Prüfpflichten. Unter Artikel 110 para 4 IVDR ist auch der Abverkauf der „alten“ IVDD konformer Produkte geregelt. Dieser Zeitrahmen ändert sich nach meinem Verständis entsprechend der hier oben von Ihnen dargestellten Übergangsfristen je nach Produktklassiffizierung.
Infolge dieser sehr unterschiedlichen Übergangsfristen wird die Teilung der Warenlagerbestände bei Importeuren und Händlern in „alte“ (IVDD konforme) und „neue“ (IVDR konform) IVD noch länger anhalten.
Meine Frage hierzu: Welche IVD genau fallen unter den Geltungsbereich der IVDR, „alte“ und „neue“ oder nur die „neuen“? Oder anders gefragt: Treffen die Kennzeichnungs- und Prüfpflichten ausschließlich auf die nach IVDR konform erklärten Produkte oder auch auf die bereits nach IVDD zugelassenen Produkte zu, wenn ich sie auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringe. Wie wird hier differenziert?
Ich danke Ihnen für eine kurze orientierende Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
Anne Schneider
Liebe Frau Schneider,
vielen Dank für Ihre spannende Frage. Die Pflichten für die Importeure und Distributoren gemäß der IVDR gelten grundsätzlich für Produkte, die auch eine IVDR-Konformitätserklärung besitzen. Allerdings müssen Sie sich bereits als Wirtschaftsakteur registrieren auch für Produkte in der Übergangsfrist, die noch eine IVDD-Konformitätserklärung besitzen. Die Anforderungen des Kapitel VII der IVDR, die Sie als Importeur oder Distributor betreffen, sind auch für IVDD-konforme Produkte in der Übergangsfrist für Sie bindend. Lesen Sie dazu mehr in unserem Artikel zu Legacy Devices oder direkt in der MDCG 2022-8.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit weiterhelfen.
Mit herzlichen Grüßen,
Sebastian Grömminger
Sehr geehrter Herr Dr. Grömminger,
um meine Frage ein wenig einzugrenzen:
Sie schreiben unter 3. „Was sich nicht ändert!“
Die IVDR gilt ab 26. Mai 2022. Damit gelten auch die Überwachungspflichten der Produkte im Markt (Artikel 78 bis 81) sowie zur Vigilanz (Artikel 82 bis 87) und der Überwachung durch zuständige Behörden, ungeachtet der Übergangsfristen. Somit ist das gesamte Kapitel VII der IVDR anzuwenden, auch wenn die Produkte noch unter IVDD in Verkehr gebracht werden.
Hier kommen ja insbesondere die Herstellerpflichten zur Sprache.
Gilt dies aber ebenso für die unter Kapitel II genannten Allgemeinen Pflichten für Importeure (Artikel 13) und Händler (Artikel 14)? Müssen also auch die von der Übergangsfrist betroffenen IVDD konformen Produkte (z.B. IVD der Klasse B) nach GB gemäß IVDR Regeln gekennzeichnet und geprüft werden, soweit anwendbar?
Mit besten Grüßen,
Anne Schneider
Liebe Frau Schneider,
danke für die Ergänzung. Die MDCG schreibt dazu: „In addition to the requirements set out in Chapter VII IVDR, also other IVDR requirements should apply to ‘legacy devices’, provided that those requirements relate to post-market surveillance, market surveillance, vigilance or registration of economic operators and devices“ (MDCG 2022-8). Da die Anforderungen der Artikel 13 und 14 im Wesentlichen mit Vigilanz und der Post-Market-Surveillance zu tun haben, würde ich diese als anwendbar betrachten.
Beste Grüße,
Sebastian Grömminger
Sehr geehrter Herr Grömminger,
vielen herzlichen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
Martina Mitterhuber
Sehr geehrter Prof. Johner,
Wir stellen uns gerade ein sehr spezielle Frage:
Wir gehen davon aus, dass die technische Dokumentationen von „legacy IVDs“ auf Grundlage der 98/79 EG erstellt wurde. Wie stellt es sich nun aber dar wenn Änderungen an dieser TD nach dem 26.Mai 2022 durchgeführt werden müssen?
Die ISO 13485 verlangt Lenkungsdokumente für solche Vorgänge, diese werden aber natürlich auf die Anforderungen der neuen IVDR angepasst.
Müssen dann auch die geänderten TDs schon IVDR gemäß erstellt werden oder wäre es evtl. zulässig zwei SOPs zu erstellen einmal für Altprodukte (98/79 EG) und einmal für neue Produkte nach IVDR.
Sehr geehrte(r) Dr. Breß,
ob ein Produkt nach einer Änderung weiter „nur“ der IVDD oder der IVDR entsprechen muss, hängt davon ab, ob es sich um eine signifikante Änderung handelt oder nicht.
Das regelt die MDCG 2022-6 „Guidance on significant changes regarding the transitional provision under Article 110(3) of the IVDR“. Wenn die Änderung nach durchlaufen der darin enthaltenen Kriterien als nicht-signifikant eingestuft wird, kann die Technische Dokumentation weiterhin gemäß IVDD geführt werden. Wenn die Änderung jedoch signifikant ist, führt an der IVDR und der Technischen Dokumentation gemäß Anhang II/III kein Weg mehr vorbei. Und Ja, entsprechend sollten Sie auch zwei SOPs für die Erstellung der Technischen Dokumentation vorhalten.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage adäquat beantworten. Gerne unterstützen wir bei der Qualifizierung von Änderungen gemäß MDCG 2022-6, wenn Sie Unterstützung benötigen.
Herzliche Grüße,
Sebastian Grömminger
Sehr geehrter Herr Grömminger,
Ich habe eine kurze Frage bezüglich folgenden Abschnittes in der IVDR:
Artikel 110
(3)… Produkte, die ab dem 26. Mai 2022 gemäß Absatz 3 rechtmäßig in Verkehr gebracht werden, dürfen bis zu folgenden Zeitpunkten weiterhin auf dem Markt bereitgestellt oder in Betrieb genommen werden:
a) 26. Mai 2026 für Produkte gemäß Absatz 3 Unterabsatz 2 oder Absatz 3 Unterabsatz 3 Buchstabe a;
b) 26. Mai 2027 für Produkte gemäß Absatz 3 Unterabsatz 3 Buchstabe b;
c) 26. Mai 2028 für Produkte gemäß Absatz 3 Unterabsatz 3 Buchstaben c und d.
Bedeutet dies man kann auch weiterhin neue Produkte nach IVDD auf den Markt bringen? Wie ist das Ihrer Meinung nach zu verstehen?
Gruß,
Fabina Stritt
Lieber Fabian Stritt,
bitte seien Sie vorsichtig mit dem Begriff „neue Produkte“. Wenn für diese neuen Produkte bereits eine IVDD-Konformitätserklärung vor dem 26. Mai 2022 vorlag, dürfen Produkte, die unter diese Konformitätserklärung fallen noch hergestellt und in Verkehr gebracht werden. Neu entwickelte Produkte dürfen Sie allerdings nicht mehr unter der IVDD in Verkehr bringen, da Sie dafür berets die IVDR-Konformität benötigen. Es sind lediglich nicht-signifikante Änderungen an IVDD-Produkten möglich (siehe MDCG 2022-6).
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit Ihre Frage beantworten.
Beste Grüße,
Sebastian Grömminger
Sehr geehrter Herr Grömminger,
könnten Sie bitte mehr licht auf das sogennant sell-off IVDR werfen? Was genau bedeutet Abverkaufsfrist wegfallen?
Vielen Dank im Voraus!
MfG
Rony
Lieber Rony,
der Wegfall der Abverkaufs-Frist bedeutet, dass IVD-Produkte, die bereits unter der IVDD vor dem 26. Mai 2022 in Verkehr gebracht wurden (im Falle von sonstigen IVDs nach IVDD die in Klasse A fallen) bzw. noch innerhalb der geltenden Übergangsfrist in Verkehr gebracht wurden oder noch werden (im Falle von Klasse B, C D und A-steril), zeitlich uneingeschränkt an die Endverbraucher verkauft werden dürfen. Das setzt lediglich voraus, dass die Produkte noch konform sind, also die Haltbarkeit noch nicht überschritten ist, die Verpackung unversehrt, kein Rückruf vorliegt und die Konformitätserklärung noch gültig ist.
Die Produkte müssen also rechtsgültig nach IVDD in Verkehr gebracht worden sein. D.h. in Form von einem Besitzerwechsel, Nutzungsvertrag etc. an eine natürliche oder juristische Person, die in der EU ansässig ist. Dann kann das Produkt zeitlich unbegrenzt abverkauft werden, solange es die Produkthaltbarkeit erlaubt.
Ich hoffe, damit konnte ich ihnen die aktuell geplante Anpassung der IVDR hinsichtlich Abverkaufs-Frist bzw. sell-off ausreichend erklären.
haken Sie gerne spezifisch nach, wenn noch etwas unklar sein sollte.
Mit besten Grüßen,
Sebastian Grömminger
Liebes Johner-Team,
erstmal großen Dank für die wirklich informativen Artikel zur IVDR und UDI, das hilft sehr!
Ich habe eine Frage zu den Fristen zur Basis-UDI eines Klasse A non-sterile IVD:
1) Ab wann muss der Hersteller eine Basis-UDI zuweisen und in den entsprechenden Dokumenten (DoC, TD etc) ausweisen?
2) Ab wann muss der Hersteller diese Basis-UDI in der EUDAMED registrieren? Uns ist nicht klar, ob die IVDR einen Unterschied zwischen der Zuweisung der Basis-UDI und der Registrierung in der EUDAMED macht.
3) MDCG 2022-12 spricht in Bezug auf Artikel 1-3 davon, dass einerseits das Eintragen in die Datenbank freiwillig sei (Absatz 1), andrerseits „that obligation of UDI assignment … applies from 26. May 2022“ (Absatz 3); was etwas widersprüchlich klingt.
4) Auf der EU-Seite findet sich eine Frist ab „Funktionalität“ von 24 Monaten, hier im Artikel unter 2e) von 18 Monaten?
5) Bezieht sich die Funktionalität („fully functional“) auf die gesamte EUDAMED oder nur das entsprechende Modul?
Ich hoffe, Sie können etwas Licht ins Dunkel bringen ;-). Vielen Dank schonmal und herzliche Grüße
Liebe Frau Roeschard,
vielen herzlichen Dank für Ihre spannenden Fragen.
Zu welchem Zeitpunkt Sie die Basis-UDI in Ihren Dokumenten ausweisen, bleibt Ihnen überlassen. Jedoch muss gesagt, werden, dass der späteste Zeitpunkt bei einem Klasse A-Produkt der ist, an dem Sie die Konformitätserklärung gemäß IVDR ausstellen würden. Zu diesem Zeitpunkt muss die Basis-UDI in allen relevanten Dokumenten genannt sein.
Diese Anforderung geht aus Art 24(3) der IVDR hervor und darauf bezieht sich auch der von Ihnen genannte Abschnitt in dem MDCG 2022-12 Guidance-Dokument. „Manufacturers should note that the obligation of UDI assignment (Basic UDI and UDI-DI) to a device applies from 26 May 2022 (Art. 24(3) IVDR).” Bitte beachten Sie, hier geht es um die Zuweisung der UDI, nicht die Produktregistrierung.
Im Gegensatz zum vorausgehenden Absatz: „The system may be used (on voluntary basis) for registration of devices even before the notice of full functionality of Eudamed has been published. Nevertheless, manufacturers should refer to the national provisions in Member States establishing product registration schemes.”
Da das Modul der Produktregistrierung in EUDAMED bereits funktionsfähig ist, verweist die MDCG 2022-12 darauf, dass Hersteller diese Funktion schon jetzt freiwillig nutzen dürfen, neben der Verpflichtung der UDI-Vergabe gemäß nationalen Anforderungen (BAnz AT 27.05.2022 B4).
Die nationale Vorschrift basiert auf dem MPDG – laut der Veröffentlichung des Bundesanzeiger für Hersteller mit Sitz in Deutschland (BAnz AT 27.05.2022 B4) gilt die Anforderung der Produktregistrierung (inkl. Basis-UDI des IVDR-konformen Produktes) seit dem 26. Mai 2022 über das DMIDS und hat für „legacy devices“ bis spätestens 26. November 2023 (18 Monate) zu erfolgen.
Wird im Amtsblatt der Europäischen Union die volle Funktionsfähigkeit von EUDAMED bekanntgegeben (alle Module funktionieren), so sind die Produkte bis mindestens zu dem späteren in Artikel 113 Absatz 3 Buchstabe f der IVDR genannten Datum wahrzunehmen. Das bedeutet, dass Sie Ihre Wirtschaftsakteure und Produkte erst frühestens 6 Monate nach Bekanntmachung der Funktionsfähigkeit von EUDAMED registrieren müssen, spätestens jedoch 24 Monate nach dieser Bekanntmachung (s. Art. 113 (3) a)).
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit Ihre Frage beantworten.
Beste Grüße,
Diana Gabriel