Es ist nicht einfach, in Brasilien Medizinprodukte zuzulassen. Das liegt sowohl an der Anzahl und Komplexität der Regularien als auch an der Tatsache, dass Brasilien die meisten Regularien nur auf Portugiesisch veröffentlicht hat.
Dieser Artikel verschafft Ihnen einen Überblick und stellt die Gemeinsamkeiten mit dem europäischen und dem US-amerikanischen System vor. So wird es Ihnen einfacher gelingen, die Regularien zu verstehen und zu erfüllen. Unnötige Rückweisungen durch die brasilianische Behörde und damit einen Verzug der Zulassung können Sie so vermeiden und die Zulassung in Brasilien schneller und einfacher schaffen.
1. Das brasilianische Rechtssystem für Medizinprodukte
ANVISA ist die in Brasilien für Medizinprodukte verantwortliche Behörde. Vergleichbar mit der FDA
- erlässt sie Gesetze zu Medizinprodukten,
- prüft sie deren Zulassung und
- überwacht sie die Konformität der QM-Systeme der Hersteller mit den brasilianischen Anforderungen.
Die Anforderungen der ANVISA weisen viele Ähnlichkeiten mit der europäischen Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745 und den US-amerikanischen Quality System Regulations (21 CFR part 820) auf:
- Hersteller, die über ein QM-System gemäß 21 CFR Part 820 verfügen, erfüllen auch weitgehend die brasilianischen Anforderungen an ein QMS.
- So wie die EU und die FDA registrierte lokale „Bevollmächtigte“ bzw. Repräsentanten verlangen, bedarf es eines Brazilian Registration Holders.
- Nach ähnlichen Regeln wie in Europa teilt die Behörde Medizinprodukte in Klassen ein. Diese Klassen bestimmen wiederum den Aufwand und die Dauer für die Zulassung der Produkte. Mehr zur Klassifizierung erfahren Sie weiter unten.
Darüber hinaus gibt es in Brasilien landesspezifische Anforderungen wie die nach einem INMETRO-Zertifikat. Dazu später mehr.
2. Medizinproduktegesetze in Brasilien
Die wichtigsten brasilianischen Gesetze finden Sie in der folgenden Übersicht:
Produkttyp | Resolution | Inhalt |
---|---|---|
Medizinprodukte | RDC 185/2001 | Registrierung, Änderung, Verlängerung und Löschung von Medizinprodukten |
Medizinprodukte | RDC 270/2019 RDC 423/2020 | Anforderungen an die Registrierung von Klasse-I- und Klasse-II-Produkten |
In-Vitro-Diagnostika | RDC 36/2015 | Klassifizierungsregeln und Anforderungen zu Registrierung und Kennzeichnung von IVDs |
Alle | RDC 211/2018 | Gültigkeit von Registrierungen |
Alle | RDC-16/2013 | Brazilian Good Manufacturing Practices |
Alle | Decree No. 8077/2013 | Regelt die Zulassung und Überwachung von Produkten durch die Behörde in Brasilien |
Alle | Law No. 6360/1976 | Allgemeines Gesetz zur Gesundheitsüberwachung |
3. Klassifizierung gemäß RDC-185/2001
Hersteller, die ein Medizinprodukt in Brasilien zulassen möchten, müssen zunächst die Risikoklasse des Produkts bestimmen. ANVISA unterscheidet dabei die Klassen I (niedriges Risiko) bis IV (hohes Risiko).
Produkte werden anhand von 18 Regeln klassifiziert, die der Anhang II der RDC-185/2001 festlegt. Diese wurden weitgehend aus der europäischen Medizinprodukterichtlinie (MDD) übernommen und entsprechen dem Stand der MDD aus dem Jahr 2001.
Nutzen Sie die folgende Tabelle als Leitlinie für die Klassifizierung Ihres Produktes:
EU | Brasilien |
---|---|
I | I |
IIa | II |
IIb | III |
III | IV |
Im September 2022 veröffentlichte die ANVISA die neue Resolution RDC 751/2022, die die Festlegungen zur Klassifizierung von Medizinprodukten, zu Melde- und Registrierungsverfahren sowie die Anforderungen an die Kennzeichnung und Gebrauchsanweisungen von Medizinprodukten in einem Dokument vereint. Sie löst mit Geltungsbeginn am 01. März 2023 einige bestehende Resolutionen ab, darunter RDC 185/2001, RDC 40/2015 und RDC 15/2014. Die neue Resolution vereint nun alle Anforderungen für die Meldung (Medizinprodukte der Klasse I und II) und Registrierung (Medizinprodukte der Klasse III und IV) von Medizinprodukten in Brasilien in einer Resolution. Sie enthält darüber hinaus die Regeln für Änderungen, Erneuerungen oder das Löschen von Registrierungen bei der brasilianischen Behörde.
Mit der neuen Resolution integriert die ANVISA die durch den südamerikanischen Staatenbund MERCOSUR festgelegten Regeln für Medizinprodukte (Mercosur Resolution GMC no. 25/2021) und nähert sich ein Stück weiter an die europäische Medizinprodukteverordnung an.
Artikel 4 der Resolution enthält eine Reihe neuer und überarbeiteter Begriffsbestimmungen. So wurden aus ursprünglich 18 Definitionen nun insgesamt 49. So schließt der Begriff Medizinprodukt zukünftig explizit auch Implantate, In-vitro Diagnostika und Software ein. Die Definitionen für „Software als Medizinprodukt (SaMD)“ und „holder“ für den bisher definitionslosen Brazilian Registration Holder (BRH) sind neu eingeführt.
Die bisherigen Klassifizierungsregeln wurden überarbeitet und sind nun im Anhang I der Resolution RDC 751/2022 enthalten. Neue Regeln adressieren dabei fortschrittliche Technologien, u.a. Software als Medizinprodukt sowie Medizinprodukte aus Nanomaterialien. Die Regeln sind damit weitgehend von der europäischen MDR übernommen.
Die Verfahren zur Klassifizierung und Registrierung von In-vitro-Diagnostika (IVD) fallen nicht unter diese Resolution und sind weiterhin Bestandteil der RDC 36/2015.
4. Voraussetzungen für die Zulassung von Medizinprodukten in Brasilien
Bevor Hersteller die Zulassungsunterlagen bei der brasilianischen Behörde einreichen können, müssen sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
1. Voraussetzung: Das B-GMP-Zertifikat
Hersteller müssen die Anforderungen der Brazilian Good Manufacturing Practices (B-GMP) erfüllen. Diese sind stark an die Quality System Regulations (21 CFR 820) der FDA angelehnt.
Hersteller von Produkten der Klassen I und II müssen diese Anforderungen erfüllen, werden jedoch nicht von ANVISA überprüft. Sie sind auch nicht verpflichtet, bei der Zulassung ein B-GMP-Zertifikat einzureichen. Hingegen benötigen Hersteller von Produkten der Risikoklassen III und IV ein B-GMP-Zertifikat für die Produktzulassung.
Bitte beachten Sie: Ein solches Zertifikat kann erst nach einer Inspektion, z.B. durch ANVISA, ausgestellt werden. Es kann lange Vorlaufzeiten von Seiten der Behörde bis zum Audit geben kann.
Mit der im Oktober 2017 verabschiedeten Resolution RDC-183/2017 hat ANVISA wesentliche Vereinfachungen zur Erlangung des B-GMP-Zertifikats geschaffen:
- ANVISA erkennt MDSAP-Audits an, wenn die brasilianischen Anforderungen berücksichtigt wurden.
- ANVISA erkennt Auditberichte von anerkannten Stellen aus Mitgliedsländern des IMDRF an.
Die Einreichung eines oben genannten Auditberichts kann die Ausstellung des B-GMP-Zertifikats und die Zulassung Ihres Medizinprodukts in Brasilien beschleunigen.
B-GMP-Zertifikate sind zwei Jahre gültig und müssen spätestens sechs Monate vor Ablauf durch den Brazilian Registration Holder (BRH) neu beantragt werden.
Die Kosten für ein GMP-Zertifikat machen einen großen Teil der Zulassungskosten aus und können sich auf etwa 25.000 EUR je Gültigkeitszeitraum belaufen.
2. Voraussetzung: Der Brazilian Registration Holder (BRH)
Eine weitere Voraussetzung für die Zulassung in Brasilien ist ein regionaler Vertreter vor Ort, der Brazilian Registration Holder (BRH). Der BRH muss offiziell ernannt werden und ist gesetzlich für die zugelassenen Produkte in Brasilien verantwortlich.
Diese Aufgabe kann ein Firmensitz in Brasilien oder ein Vertriebshändler übernehmen. Auch unabhängige Unternehmen dürfen die Aufgaben des BRH wahrnehmen.
Wählen Sie den BRH mit Bedacht aus, da er Ihre Registrierung hält! Sie sind damit in seiner Abhängigkeit.
Zu den Aufgaben des Brazilian Registration Holders zählen:
- Kommunikation mit ANVISA
- Beantragung des B-GMP-Zertifikats
- Einreichung der Zulassungsunterlagen
- Marktüberwachung (zumindest trägt der BRH die Verantwortung dafür)
- Vigilanz: Der BRH berichtet Rückrufe und Vorkommnisse an ANVISA.
3. Voraussetzung: Das INMETRO-Zertifikat
INMETRO ist das nationale Institut für Messtechnik, Qualität und Technologie. Einige Medizinprodukte benötigen für die Zulassung durch ANVISA ein Zertifikat, welches belegt, dass ein Produkt die zutreffenden brasilianischen Normen und Anforderungen einhält.
Die Prüfung und das zugehörige Zertifikat können von INMETRO selber oder von einer von INMETRO anerkannten Stelle ausgestellt werden. Das INMETRO-Zertifikat ist unbegrenzt gültig, muss jedoch durch regelmäßige Audits aufrechterhalten werden.
Medizinprodukte, die ein INMETRO-Zertifikat benötigen, sind u.a.:
- Elektrische Geräte
- Sterile Injektionsspritzen zum Einmalgebrauch
- Brustimplantate
- Chirurgische und nicht-chirurgische Handschuhe aus Kautschuk
- Kondome
Planen Sie drei bis 12 Monate ein, um Ihr INMETRO-Zertifikat zu erlangen. Beachten Sie auch, dass für die Aufrechterhaltung des Zertifikats laufende Kosten anfallen.
4. Voraussetzung: Das ANATEL-Zertifikat
ANATEL ist die nationale Telekommunikations-Behörde Brasiliens. Alle Medizinprodukte, die über ein Funkmodul verfügen, benötigen für die Zulassung durch ANVISA ein Zertifikat von ANATEL. Ebenso wie das INMETRO-Zertifikat ist die Notwendigkeit ein ANATEL-Zertifikat einzureichen nicht von der Produktklasse abhängig. Sie benötigen also auch für ein Klasse I Produkt ein ANATEL-Zertifikat, wenn es über ein Funkmodul verfügt.
Aktuell werden nur brasilianische Produkttests von ANATEL anerkannt. Unter Umständen müssen Sie ihr Produkt für den brasilianischen Markt somit erneut prüfen lassen.
Bitte beachten Sie den ausführlichen Artikel zu den INMETRO- und ANATEL-Zertifikaten. Er verrät auch, wie lange diese Prozesse dauern, was diese kosten und welche Fehler, die zu unnötigen Verzögerungen und Schwierigkeiten führen, Hersteller vermeiden sollten.
5. Zulassungsprozess
ANVISA unterscheidet zwei Zulassungswege. Diese richten sich nach der Klassifizierung.
- Klasse-I- und Klasse-II-Produkte werden an ANVISA gemeldet und erhalten im Anschluss eine Registriernummer (Notificacao).
- Klasse-III- und Klasse-IV-Produkte durchlaufen ein vollständiges Zulassungs- und Prüfungsverfahren (Registro).

6. Anforderungen an die Dokumentation
Die Klasse und damit die Zulassungsverfahren bestimmen auch die Anforderungen an die Dokumentation. Je höher die Klasse ihres Produktes, desto umfangreicher sind die Anforderungen an die Dokumentation.
a) Anforderungen, die für alle Klassen gelten
Unabhängig von der Klasse des Produkts müssen die Hersteller die (Dokumentations-) Anforderungen der Anhänge III A, III B und III C der RDC-185/2001 erfüllen:
Anhang | Inhalt |
---|---|
III A | Formular mit allgemeinen Informationen zu Produkt, Hersteller und Zulassungsart. Dieses wird Ihr BRH bei ANVISA einreichen. |
III B | Anforderungen an das Labeling und die Gebrauchsanweisung: – U.a. müssen alle Informationen auf Portugiesisch vorliegen. – Das Label muss die Registrierungsnummer von ANVISA enthalten. |
III C | Anforderungen an den technischen Bericht |
Darüber hinaus benötigen die Hersteller Nachweise über
- die Einhaltung von technischen Anforderungen (soweit zutreffend in Form eines INMETRO-Zertifikats) und
- eine Bestätigung über die Zahlung der Zulassungsgebühren.
b) Anforderungen an die Zulassung von Medizinprodukten der Klassen I und II
Produkte der Klassen I und II werden über ein vereinfachtes Verfahren zugelassen. Zusätzlich zu den oben genannten Anforderungen reichen Sie eine Beauftragung des BRH und eine Bestätigung über die Einhaltung der B-GMP-Anforderungen ein. Die Behörde erteilt ohne Prüfung der technischen Dokumentation eine Registrierungsnummer.
Es ist ANVISA jedoch erlaubt, weitere Dokumente anzufordern.
Bitte beachten Sie: Falls eine Überprüfung durch ANVISA stattfindet, müssen Sie Ihrem BRH die technische Dokumentation zur Verfügung stellen.
Für Produkte der Klassen I und II gilt eine unbegrenzte Zulassung.
c) Anforderungen an die Zulassung von Medizinprodukten der Klassen III und IV
Für Medizinprodukte der Klassen III und IV führt ANVISA eine ausführliche Prüfung der Dokumentation durch. Die Behörde verpflichtet die Hersteller, zusätzlich zu den oben genannten Dokumenten weite Teile Ihrer technischen Dokumentation einreichen. Dazu zählen unter anderem:
- Produktbeschreibung
- Anforderungen an das Produkt
- Informationen zum Risikomanagement
- Software- bzw. Firmware-Beschreibung
- Klinische Bewertung
- Tests zu Biokompatibilität, elektrischer Sicherheit oder elektromagnetischer Verträglichkeit (soweit zutreffend)
- Nachweise zur Gebrauchstauglichkeit
ANVISA wird die eingereichte Dokumentation prüfen und bei Freigabe im DOU (Diário Oficial da União) veröffentlichen. Sie erhalten kein zusätzliches Zertifikat.
Die Zulassung von Klasse-III- und Klasse-IV-Produkten ist 10 Jahre gültig.
Verliert Ihr GMP-Zertifikat seine Gültigkeit, wird gleichzeitig die Produktregistrierung ungültig! Das GMP-Zertifikat müssen Sie alle zwei Jahre erneuern.
Kapitel VII der RDC 751/2022 definiert nun die inhaltlichen Anforderungen an die zu erstellende Technische Dokumentation. Für die Vorgaben zur Struktur der Technischen Dokumentation im Anhang II der Resolution hat die ANVISA das Table-of-Contents-Format der IMDRF übernommen.
d) Anforderungen an die Zulassung besonderer Medizinprodukte in Brasilien
Für einige Produkte muss zusätzlich ein Wirtschaftsbericht eingereicht werden. Betroffene davon sind unter anderem orthopädische und kardiovaskuläre Produkte.
Die gesamte Liste finden Sie im Beschluss RE n° 3385/2006 und auf der Website von ANVISA. Dort steht auch ein hilfreiches Template für Ihren Wirtschaftsbericht bereit.
Der Wirtschaftsbericht enthält grundlegende Informationen zum Produkt sowie wirtschaftlich relevante Informationen wie Preisgestaltung, Absatzzahlen oder die geschätzte Anzahl behandelter Patienten.
7. Fazit und Zusammenfassung
Die Anforderungen an die Zulassung in Brasilien sind ebenso umfangreich wie jene in Europa oder den USA. Die meisten Unterlagen können die Firmen wiederverwenden, müssen diese allerdings ins Portugiesische übersetzen. Zudem gibt es einige Anforderungen zu erfüllen, die spezifisch für Brasilien sind.
Wie in Europa und den USA bestimmt die Klasse der Medizinprodukte die Dauer und den Aufwand für die Zulassung.
Klasse I | Klasse II | Klasse III | Klasse IV | |
---|---|---|---|---|
Komplexität | niedrig | niedrig | hoch | hoch |
Dauer | 1 Monat | 1 Monat | ~ 12 Monate | ~ 12 Monate |
Gültigkeit der Zulassung | unbegrenzt | unbegrenzt | 10 Jahre | 10 Jahre |
B-GMP-Zertifikat | nicht notwendig | nicht notwendig | Ja. 2 Jahre gültig | Ja. 2 Jahre gültig |
8. Übergangsfrist RDC 751/2022
Sie prüfen im ersten Schritt die Klassifizierung Ihrer Produkte gemäß neuen Regeln im Anhang I der RDC 751/2022. Wird Ihr Produkt aufgrund der neuen Regeln höher klassifiziert (Klasse III oder IV), und muss demnach bei der ANVISA registriert werden (Registro), haben Sie ab Geltungsbeginn der Resolution am 01.03.2023 genau 1 Jahr Zeit, die neuen Anforderungen an die Technische Dokumentation umzusetzen und einen Antrag auf Re-Klassifizierung bei der ANVISA einzureichen.
ABER: Bitte bedenken Sie , dass durch die Re-Klassifizierung ihrer Produkte ein GMP-Zertifikat für die Registrierung notwendig werden kann. Die ANVISA erwartet in diesem Fall zumindest einen Antrag auf GMP-Zertifizierung, der dem Registrierungsantrag für das Produkt beigelegt wird. Die finale Genehmigung des Produktes durch die ANVISA erfolgt dann jedoch nur mit gültigem GMP-Zertifikat.
Das Team vom Johner Institut kann Sie bei der Zulassung Ihrer Medizinprodukte in Brasilien unterstützen. Gerne beantwortet es Ihre Fragen, im Rahmen des Micro-Consultings sogar kostenlos.
Änderungshistorie:
- 2023-01-24: ANVISA legt mit der RDC 751/2022 neue Regeln zur Klassifizierung von Medizinprodukten fest und vereint die Regeln für die Meldung, Registrierung, Änderung, Erneuerung und das Löschen von Registrierungen in einer Resolution. Sie löst damit verschiedene Regelwerke ab, u. a. die RDC 185/2001
- 2021-03-21: Hinweis zu Beitrag über ANVISA- und INMETRO-Zertifikate ergänzt
- 2020-10-06: ANVISA eliminiert mit der RDC-423/2020 die Cadastro-Route für Klasse II Produkte: Anpassung der Abb. 1 an das neue System und Aktualisierung des Zulassungsverfahrens in Kapitel 5 und 6.b).
Wie haben ein brasilianisches Haarprotein. Zudem haben wir ANVISA. Was benoetigen wir fuer die Zulassung? Duerfen wir das Produkt in Deutschland verkaufen?
Sehr geehrter Herr Swidan,
herzlichen Dank für Ihre Rückfrage.
Leider ist Ihre Anfrage so umfangreich, dass sie sich nicht in Kürze beantwortet lässt. Folgendes kann ich Ihnen zusammenfassend mitteilen:
Eine Zulassung über ANVISA ermöglicht keinen Verkauf eines Produktes in der EU bzw. in Deutschland.
Handelt es sich bei Ihrem Haarprotein um ein Medizinprodukt im Sinne der europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR)? Hierzu formulieren Sie im ersten Schritt die Zweckbestimmung des Produktes und prüfen, ob es unter die MDR fällt. Medizinprodukte dürfen in Europa (und Deutschland) nur vermarktet werden, wenn Sie über eine CE-Kennzeichnung verfügen. Handelt es sich bei Ihrem Produkt um ein Medizinprodukt, muss es ein entsprechendes Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen. Welches Verfahren anwendbar ist, ist von der Klassifizierung des Produktes abhängig und erfordert ggf. die Einbindung einer benannten Stelle.
Lassen Sie mich gerne wissen, wenn wir Sie unterstützen können, z.B. indem wir Ihre Zweckbestimmung und die Anwendbarkeit der MDR für Sie prüfen und mögliche Konformitätsbewertungsverfahren ermitteln.
Herzliche Grüße,
Margret Seidenfaden
Sehr geehrte Frau Seidenfaden,
ich wollte mich über die Zulassung eines brasilianischen Produktes informieren.
Das Produkt ist ein Haarprotein aus Brasilien und ist zugleich ein organisches Produkt aus natürlichen Inhaltsstoffen wie Arganöl, Rosenöl, Macadmia, Zitrone und tropischen Früchten. Es behandelt Haarausfall und pflegt das Haar problemlos.
Hierzu habe ich ein paar Fragen, und ich hoffe, dass Sie mir hierbei weiterhelfen können:
1. Wie wird das oben erklärte Produkt in Deutschland zugelassen? Ziel: Verkauf in Deutschland
2. welche unterlagen werden hierzu benötigt?
3. Was kostet die Zulassung und wie lange dauert diese?
Vielen Dank vorab.
Mit freundliche Grüßen
Osama Swidan
Sehr geehrter Herr Swidan,
herzlichen Dank für die Klarstellung Ihres Anliegens.
Um Ihre Fragen vollumfänglich zu beantworten, werden wir Sie persönlich kontaktieren.
Die Beantwortung nimmt einige Zeit in Anspruch und übersteigt den Rahmen der Möglichkeiten der Kommentare.
Herzliche Grüße,
Margret Seidenfaden
Liebes Johner-Team,
unser Unternehmen hat ein MDSAP Zertifikat, welches die brasilianischen Anforderungen berücksichtigt. Bedeutet das, wenn wir für die Beantragung des B-GMP Zertifikats den MDSAP-Auditbericht einreichen, dass wir alle in RDC 183 – Kapitel II aufgelisteten Dokumente nicht mehr einreichen müssen? Oder müssen trotzdem Dokumente wie das QM-Handbuch, Grundriss der Produktionsstätte, Flussdiagramm vom Herstellprozess, etc. eingereicht werden?
Vielen Dank!
Schöne Grüße
Martina M.
Sehr geehrte Frau Marker,
auch mit MDSAP-Zertifikat reichen Sie unterstützende Dokumentation (wie die von Ihnen genannte) für die Beantragung des B-GMP-Zertifikats ein.
Jedoch verringert sich die Anzahl der benötigten Dokumente und Sie werden nicht zusätzlich durch ANVISA auditiert. Weitere Informationen hierzu finden Sie auch in der RDC-687/2022 in Artikel 5.
Beste Grüße,
Margret Seidenfaden
Hallo Frau Seidenfaden,
Wir sind Hersteller für Arzneimittel und Medizinprodukte und haben ein BGMP-Zertifikat und MDSAP-Zertifikat. RDC 16/2013 wird in der oben genannten Tabelle bzgl. GMP-Anforderungen für alle Produkttypen genannt, diese Guideline wird auch in unserem MDSAP-Zertifikat aufgeführt. Nun gibt es aber seit März 2022 die RDC 658 für pharmazeutische Produkte – wissen Sie, ob diese dann nur für den Produkttyp Arzneimittel anwendbar ist?
Liebe Frau Reik,
Herzlichen Dank für dieses interessante Update.
Mit dieser Resolution hatte ich bisher keine Berührungspunkte. Nach einer kurzen Überprüfung komme ich zu dem Schluss, dass diese für Hersteller von Arzneimitteln gilt.
Im Scope der RDC 658/22 (Artikel 1 und 2) steht, dass diese für Hersteller von Arzneimitteln gilt (im Original: fabricação de medicamentos), inklusive experimenteller Arzneimittel (Im Original: Esta Resolução se aplica às empresas que realizam as operações envolvidas na fabricação de medicamentos, incluindo os medicamentos experimentais). Die Resolution legt die Mindestanforderungen an GMP fest, die solche Hersteller berücksichtigen müssen.
Herzliche Grüße,
Margret Seidenfaden
Hallo zusammen,
die RDC No. 16/2013 wurde durch die RDC No. 665/2022 ersetzt.
Dies sollte doch auch in diesem Beitrag betrachtet werden, oder?
Viele Grüße
Laura
Sehr geehrte Frau Kuipers,
vielen Dank für Ihren wertvollen Hinweis! Unser Expertenteam ist bereits an der Aktualisierung des Artikels dran und wird die neue RDC No. 665/2022 entsprechend berücksichtigen.
Herzliche Grüße
Tea Bodrusic
Hallo Frau Seidenfaden,
ich habe eine Frage zur UDI Kennzeichnung in Brasilien. Unsere IIb Produkte sind meines Wissens nach bis 2024 noch von der Übergangsfrist abgedeckt und müssen noch nicht gekennzeichnet werden. Da wir generell umstellen kam die Frage auf, ob es zulässig ist, jetzt einen UDI Code bei Produkten, die nach Brasilien gehen, anzubringen, der die europäischen Anforderungen einhält. Ein Eintrag in die brasilianische Datenbank ist ja derzeit noch nicht möglich
Liebe Grüße
Klaus Steger
Sehr geehrter Herr Steger,
vielen Dank für die spannende Frage! In Vertretung für Frau Seidenfaden hier meine Einschätzung:
Aktuell fordert die ANVISA keine Vergabe einer UDI. Damit ist die UDI, die Sie anbringen wollen, kein regulatorisches Element und sollte entsprechend auch keine meldepflichtige Änderung darstellen. Dafür spricht auch die Aussage der ANVISA in Anhang II, Section II, Artikel 12, wonach eine Änderung der UDI-DI an sich nicht gemeldet werden muss. Vergleichen wir nun die brasilianischen Anforderungen an die UDI mit denen aus der MDR, so ergeben sich ohnehin keine signifikanten Unterscheide, wodurch Sie zukünftig wohl auch die „EU-UDI“ für Brasilien nutzen können.
Herzliche Grüße
Christopher Seib