Der Begriff Klassifizierung ist bei Medizinprodukten mehrfach belegt:
- Medizinprodukt ja/nein
Die erste Klassifizierung betrifft die Abgrenzung von Medizinprodukten, Nicht-Medizinprodukten und Zubehör zu Medizinprodukten.
- Wahl der Verordnung
Die nächste Klassifizierung bezieht sich auf den Typ von Medizinprodukten bzw. der anzuwendenden EU-Verordnung, konkret die Medical Device Regulation MDR – Medizinprodukteverordnung (2017/745) (löst die Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG (MDD) ab) und die EU-Verordnung 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (IVDR) (löst die Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika (IVD) ab).
- Klassifizierung I, IIa, IIb, III gemäß MDR
Einige Verordnungen definieren selbst wieder Klassen wie die Klassen I, IIa, IIb und III bei der MDR.
- Sicherheitsklassen von Software
Unabhängig davon führt die Norm IEC 62304 die Sicherheitsklassen A, B und C ein.
Wichtige Updates
- Einige benannte Stellen akzeptieren die Anwendung der Klassifizierungsregeln gemäß Anhang IX der MDD gegebenenfalls nicht! Mehr »
- MDR führt neue Klasse Ir ein.

Die verschiedenen Klassifizierungen bei Medizinprodukten
1. Medizinprodukte, Nicht-Medizinprodukte und Zubehör
Die Entscheidung, ob ein Produkt ein Medizinprodukt, ein Nicht-Medizinprodukt oder ein Zubehör ist, muss anhand der Begriffsdefinitionen gefällt werden, die in der Medizinprodukteverordnung MDR zu finden sind.
Wir haben für Sie einen eigenen Beitrag über die Klassifizierung von Software als Medizinprodukt verfasst.
Abhängig davon müssen die Regularien des Medizinprodukterechts eingehalten werden.
2. Medizinprodukt, In-vitro Diagnostikum, aktive implantierbare Medizinprodukte
Während die Entscheidung ob Medizinprodukt oder Nicht-Medizinprodukt regelmäßig zu Diskussionen führt, fällt die Klassifizierung des Typs von Medizinprodukt („normales“ Medizinprodukt, In-vitro Diagnostikum, aktives implantiertbares Medizinprodukt) meist leichter.
Abhängig von dieser Klassifizierung bestimmt sich die anzuwendende EU-Richtlinie.
3. Klassifizierung gemäß MDR
Medizinprodukte, die unter die Medizinprodukteverordnung fallen, müssen wiederum einer der folgenden Klassen zugeordnet werden:
- Klasse I*
- Medizinprodukte der Klasse I mit Messfunktion (Im)
- Sterile Medizinprodukte der Klasse I (Is)
- Wiederverwendbare chirurgische Instrumente der Klasse Ir
- Klasse IIa
- Klasse IIb
- Klasse III
Diese Einteilung erfolgt anhand der Klassifizierungsregeln im Anhang VIII der (MDR).

Abb.: Verteilung der Klassen. 70% der Medizinprodukte fallen in die Klasse I (Quelle: BVMed 42/17)
Abhängig von dieser Klassifizierung bestimmen sich die Konformitätsbewertungsverfahren, die für das Produkt angewendet werden dürfen.
Laut Regel 10 der MDR hängt die Klassifizierung davon ab, ob das Medizinprodukt vitale Körperfunktionen diagnostiziert bzw. kontrolliert. Allerdings definieren beide Regularien den Begriff „vitale Körperfunktion“ nicht.
Weiterführende Informationen
Lesen Sie hier mehr zum Thema vitale Körperfunktionen und zu einer möglichen Definition.
Software
Stand-alone Software fällt bei einer Klassifizierung gemäß der Klassifizierung nach Regel 11 der MDR in die Klassen IIa oder höher.
Sonderfall Klasse I* Produkte
Die Klassifizierungsregeln für die I* Klasse (Is, Im, Ir) finden sich nicht im Anhang der MDR. Die dortigen Klassifizierungsregeln bestimmen „nur“ die Klassen I, IIa, IIb und III.
Die I*-Klassen entstehen dadurch, dass die EU-Verordnung für diese Klasse-I-Produkte Ausnahmen (Verschärfungen) vorschreibt, die die Konformitätsbewertung betreffen. Konkret besteht die Verschärfung darin, dass die benannten Stellen im Gegensatz zu den anderen Klasse-I-Produkten ins Konformitätsbewertungsverfahren eingebunden werden müssen.
Die entsprechenden Forderungen finden Sie in der MDR im Artikel 52(7).
Unterschied zu den Klassifizierung in den USA
In Europa definieren Regeln die Klassifizierung. In den USA gibt es eine Datenbank, die für jedes Produkt die Klasse bestimmt. Fehlt ein Produkt bzw. ein Produkttyp in der Datenbank, fällt es automatisch in die höchste Klasse (III). Die FDA kann jedoch eine niedrigere Klasse bestimmen.
4. Sicherheitsklassen nach IEC 62304
Die IEC 62304 definiert drei Sicherheitsklassen (A, B, C) abhängig vom Schweregrad möglicher Schäden im Fall, dass die Software Fehler enthält. Bitte lesen Sie hier eine detaillierte Diskussion der Sicherheitsklassen.
Abhängig von dieser Einteilung in Sicherheitsklassen bestimmt sich der Umfang der Software-Dokumentation.
Wer entscheidet über die Klassifizierung?
Die Festlegung der oben genannten Klassen obliegt dem Hersteller. Die benannten Stellen können dem widersprechen. Einigen sich Hersteller und die benannte Stelle nicht, sind (außer bei Sicherheitsklassen) die Landesbehörden zuständig. Das DIMDI hat eine Liste dieser Landesbehörden veröffentlicht. Beispielsweise ist zuständig
Leider sind einige dieser Ämter überlastet, weshalb Antworten nicht immer in der gewünschten Zeit erfolgen.
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