Die klinische Bewertung ist kein Dokument, sondern ein Prozess über den kompletten Produktlebenszyklus. Damit überprüfen die Hersteller Sicherheit, Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit ihrer Produkte. Bei diesem Prozess entstehen Dokumente wie
- der Plan für die klinische Bewertung (Clinical Evaluation Plan) und
- der klinische Bewertungsbericht (Clinical Evaluation Report).
Inhalt
Diese Seite verschafft Ihnen einen schnellen Einstieg in das Thema und verlinkt relevante Fachartikel sowie weitere Hilfestellungen:
- Grundlagen
- Regulatorische Anforderungen
- Weitere Fachartikel
- Unterstützung bei der klinischen Bewertung
1. Klinische Bewertung: Die Grundlagen
a) Definition und Zielsetzung der klinischen Bewertung
Die MDR definiert den Begriff wie folgt:
„klinische Bewertung“ bezeichnet einen systematischen und geplanten Prozess zur kontinuierlichen Generierung, Sammlung, Analyse und Bewertung der klinischen Daten zu einem Produkt, mit dem Sicherheit und Leistung, einschließlich des klinischen Nutzens, des Produkts bei vom Hersteller vorgesehener Verwendung überprüft wird.
MDR Artikel 2, Satz 44
Die MDR legt damit auch die Zielsetzung fest: die Sicherheit, Leistungsfähigkeit und den klinischen Nutzen zu überprüfen. Daher ist die klinische Bewertung eine Voraussetzung für die Inverkehrbringung von Medizinprodukten.
b) Die klinische Bewertung im Produktlebenszyklus
Die Aktivitäten bei der klinischen Bewertung sind eng mit weiteren Tätigkeiten im Produktlebenszyklus verzahnt, beispielsweise mit der Entwicklung (s. Abb. 1).

Abb. 1: Die Aktivitäten der klinischen Bewertungen interagieren mit der Entwicklung und der Post-Market Surveillance.
Tipp
Binden Sie bei der klinischen Bewertung nicht nur die Abteilung „Clinical Affairs“ ein, sondern fordern Sie Tätigkeiten auch von anderen Kompetenzen ein wie der Entwicklung, dem Produktmanagement sowie von Ärztinnen und Ärzten.
c) Vorteile einer professionellen klinischen Bewertung
Hersteller profitieren von einer professionellen und gesetzeskonformen klinischen Bewertung:
- Ärger bei Review, Audits und Zulassungen vermeiden
Die klinische Bewertungsakte steht im Zentrum fast aller Prüfungen. Abweichungen sind eher die Regel als die Ausnahme, können aber vermieden werden.
- Entwicklungsrisiken minimieren
Bei der klinischen Bewertung muss der Hersteller zu Beginn der Entwicklung den Stand der Technik recherchieren, auch hinsichtlich der Konkurrenz und der Leistungsfähigkeit der Produkte. Das wirkt sich u. a. darauf aus, ob klinische Prüfungen notwendig sind, die das Entwicklungsprojekt oft um Jahre verzögern. Regelmäßig scheitern Entwicklungen, weil diese Rahmenparameter zu spät erkannt werden.
- Produkte schneller in den Markt bringen
Eine rasche Entwicklung und eine reibungsfreie Zulassung führen zu einer schnellen Vermarktung und damit früh zu Umsätzen.
- Patientensicherheit verbessern
Die klinische Bewertung prüft definitionsgemäß, ob die Qualität der Produkte gegeben ist, sprich deren Sicherheit, Leistungsfähigkeit und klinischer Nutzen.
- Imageschäden und Kosten für Rückrufe vermeiden
Produkte mit einer hohen Qualität sind dem Image dienlich und lassen die Kosten für Produktrückrufe sinken.
- Marketingkommunikation zielgerichtet gestalten
Die klinische Bewertung stellt sicher, dass die Zweckbestimmung und der bestimmungsgemäße Gebrauch sehr präzise formuliert sind. Das bildet die Basis und den Rahmen für eine kohärente und gesetzeskonforme Marketingkommunikation.
2. Regulatorische Anforderungen an die klinische Bewertung
a) MEDDEV 2.7/1 revision 4
Bereits die Medizinprodukterichtlinie MDD forderte eine klinische Bewertung, allerdings eher unkonkret. Daher gibt es die MEDDEV-Leitlinie 2.7/1 (seit 2016 in der Revision 4), die genauere Handlungsanweisungen zur Durchführung der klinischen Bewertung gibt.
Die Leitlinie ist zwar nicht rechtlich bindend, aber bisher Goldstandard und Referenz für Inhalt und Aufbau von klinischen Bewertungen. Auditoren setzen die Einhaltung weiterhin meist voraus.
Auch die MDCG-Leitlinien verweisen auf die MEDDEV 2.7/1 Rev. 4, die damit nichts an Relevanz verliert.
b) MDR
Die MDR widmet der klinischen Bewertung den Artikel 61 sowie den Anhang XIV (Part A). Beide machen viele Anforderungen der MEDDEV 2.7.1, Rev. 4 rechtlich bindend.
c) MDCG-Leitlinien
Zusätzlich hat die Medical Device Coordination Group (MDCG) mehrere Leitlinien zur klinischen Bewertung veröffentlicht. Tabelle 1 gibt eine Übersicht.
d) Zusammenfassung
Regularie/Leitlinie |
Art / Relevanz / Wie hilft sie Ihnen? |
Prio |
MDR (2017/745) |
Definiert die gesetzlichen Anforderungen, die jeder erfüllen muss. Sie gibt erste Instruktionen, wie die klinische Bewertung durchzuführen ist. |
1 |
MEDDEV 2.7/1 rev. 4 |
Gibt wie ein „Kochbuch“ konkrete Anweisungen, wie der Prozess der klinischen Bewertung zu strukturieren und durchzuführen ist |
2-3 |
MDCG 2020-1 |
Liefert eine detaillierte Interpretation der MDR bezüglich der klinischen Bewertung von Software als Medizinprodukt. |
2 |
MDCG 2020-5 |
Enthält eine detaillierte Interpretation der MDR bezüglich der klinischen Bewertung auf der Grundlage der Äquivalenz zu anderen Produkten |
2 |
MDCG 2020-6 |
Gibt eine detaillierte Interpretation der MDR bezüglich der klinischen Bewertung von Bestandsprodukten |
2 |
MDCG 2020-13 |
Ist die „Checkliste“ (das CEAR-Template), das Auditoren benutzen, um die klinische Bewertung zu beurteilen
(CEAR = Clinical Evaluation Assessment Report) |
2 |
IMDRF MDCE WG/N56 |
Ein „Quick Guide“ mit konkreten Anweisungen, kürzer als die MEDDEV und kein Goldstandard, aber mit hilfreichen Tipps zur Literaturbeurteilung |
4 |
Tabelle 1: Die relevanten Regularien und Leitlinien zur klinischen Bewertung
3. Weitere Fachartikel
a) Fachartikel zu einzelnen Tätigkeiten
Die folgenden Artikel geben Hilfestellungen bei den aufgeführten Tätigkeiten:
b) Fachartikel zu klinischen Prüfungen
Verfügt ein Hersteller nicht über ausreichende klinische Daten, muss er eine klinische Prüfung durchführen.
c) Fachartikel zu regulatorischen Dokumenten und weiteren Themen
4. Unterstützung bei der klinischen Bewertung
Haben Sie noch Fragen zur klinischen Bewertung? Dann nutzen Sie das kostenfreie Micro-Consulting.
Die Expertinnen und Experten des Johner Instituts sind auf klinische Bewertungen spezialisiert und können
- Sie bei der klinischen Strategie unterstützen,
- Ihnen durch einen Quick-Check Klarheit über den Stand der eigenen klinischen Bewertung vermitteln,
- klinische Bewertungen erstellen und prüfen,
- mit Benannten Stellen Abweichungsberichte diskutieren und
- klinische Prüfungen planen und Fallzahlberechnungen durchführen.
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