Mit dem Label „For Research Use Only“ (RUO) erklären Hersteller, dass ihre Produkte nicht in diagnostischen Verfahren eingesetzt werden sollen. Sie vermeiden damit die aufwendige Dokumentation für In-vitro-Diagnostika (CE-IVD). Dennoch verwenden z. B. medizinische Labore RUO-Produkte in diagnostischen Verfahren teilweise im Wissen der Hersteller. Das kann Konsequenzen haben – nicht nur für Hersteller und Betreiber, sondern auch für Patient:innen.
Erfahren Sie in diesem Beitrag
- was das Label “For Research Use Only” (RUO) bedeutet,
- welche Anforderungen an RUO-Produkte bestehen,
- wie Sie rechtliche Probleme vermeiden und
- welche Alternativen es zu RUO-Produkten gibt.
1. “For Research Use Only” – Was bedeutet das?
Erhalten Produkte das Label “For Research Use Only”, sind damit weitreichende Konsequenzen verbunden. Diese Art Produkte unterliegen kaum regulatorischen Kontrollen. Sie sind somit für viele Hersteller und Betreiber begehrte Alternativen zu den kosten- und aufwandsintensiveren konformitätsbewerteten IVD (CE-IVD), die die geltenden rechtlichen Anforderungen erfüllen müssen.
a) Betroffene Institutionen
Berührungspunkte mit RUO-Produkten haben vor allem:
- Medizinische Labore
- Medizinische Labore können zwar RUO-Produkte verwenden, werden dann aber zum Eigenhersteller mit allen daraus folgenden Konsequenzen.
Mehr Informationen zu “Lab Developed Tests” finden Sie in unserem Beitrag “Die EU reguliert medizinische Labore. Sind Laboratory Developed Tests noch erlaubt?” - Nutzen medizinische Labore RUO-Produkte zu anderen Zwecken als Forschungszwecken, machen sie sich schlimmstenfalls haft- und/oder strafbar.
- Medizinische Labore sollten sich daher über die Rahmenbedingungen von RUO und mögliche Alternativen informieren.
- Medizinische Labore können zwar RUO-Produkte verwenden, werden dann aber zum Eigenhersteller mit allen daraus folgenden Konsequenzen.
- Hersteller
Hersteller setzen RUO-Produkte als Komponenten für ihre IVD ein. Sie sollten sich daher genauestens mit den Voraussetzungen vertraut machen, bevor sie ein Produkt als “RUO” kennzeichnen.
b) Definition
Eine einheitliche Definition von Produkten “For Research Use Only” existiert nicht. Allgemein lässt sich darunter das verstehen, was der Name besagt, nämlich Produkte zur Analyse, die ausschließlich für wissenschaftliche Forschungszwecke gedacht sind.
Von anderen Produkten grenzen sie sich vor allem dadurch ab, dass sie keinen medizinischen Zwecken dienen dürfen.
Das Verständnis von “For Research Use Only” ist allerdings in Europa und den USA unterschiedlich.

Definition in Europa
In Europa liefert die Leitlinie MEDDEV 2.14/2 („IVD Guidance: Research Use Only products – A guide for manufacturers and notified bodies“) Anhaltspunkte für die Definition von RUO. Diese Leitlinie ist zwar im Rahmen der inzwischen veralteten Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika (IVDD) entstanden, kann jedoch mangels eines aktuellen Ersatzes noch immer als Stand der Technik (state of the art) betrachtet werden.
MEDDEV 2.14/2 besagt:
“for a product to be categorized as an RUO product it must have no intended medical purpose or objective.”
Quelle: MEDDEV 2.14/2 rev.1
Demnach darf ein RUO-Produkt also nicht einmal ansatzweise einen medizinischen Zweck erkennen lassen.
Im Falle von inhouse entwickelten Tests (LDTs) gilt dies jedoch nicht, solange die Produkte nicht an andere Unternehmen abgegeben werden. Folgende konkrete Beispiele für LDT, die unter dieser Voraussetzung als “For Research Use Only” bezeichnet werden dürfen, nennt die Leitlinie beim Namen:
- PCR-Enzyme
- Gelkomponenten (Agar)
- Primer
Auch die EU-Verordnung 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (IVDR) geht auf RUO ein.
“device for performance study’ means a device intended by the manufacturer to be used in a performance study.
A device intended to be used for research purposes, without any medical objective, shall not be deemed to be a device for performance study;”
Quelle: IVDR Art. 2 Nr. 45
Die IVDR grenzt RUO somit ebenso wie MEDDEV 2.14/1 („IVD Medical Device Borderline and Classification issues“) vor allem von “Produkten für Leistungsstudien” ab.
Auch hier erfolgt die Definition über den fehlenden medizinischen Zweck von RUO.
(vgl. MEDDEV 2.14/1 Punkt 1.1 4.)
Definition in den USA
Die FDA verfasste 2013 ein Guidance-Dokument zu RUO mit dem Titel: “Distribution of In Vitro Diagnostic Products Labeled for Research Use Only or Investigational Use Only”.
Diese Leitlinie definiert RUO folgendermaßen:
“An RUO product is an IVD product that is in the laboratory research phase of development and is being shipped or delivered for an investigation that is not subject to part 812 [Anm.: In part 812 geht es um Bereitstellung von Produkten für Leistungsbewertungszwecke als Vorstufe zum IVD.]”
Quelle: FDA Guide “Distribution of In Vitro Diagnostic Products Labeled for Research Use Only or Investigational Use Only”.
Einige Beispiele für Produkte, die nach Ansicht der FDA in diese Forschungsphase fallen, sind:
- Tests, die sich in der Entwicklung befinden, um die Methodik des Testkits, die erforderlichen Komponenten und die zu messenden Analyten zu ermitteln.
- Instrumente, Software oder andere elektrische/mechanische Komponenten, die sich in der Entwicklung befinden, um die korrekten Einstellungen, Unterkomponenten, Untergruppen, grundlegenden Betriebseigenschaften und möglichen Verwendungsmethoden zu bestimmen.
- In der Entwicklung befindliche Reagenzien, um Produktionsmethoden, Reinigungsgrade, Verpackungsanforderungen, Haltbarkeit, Lagerungsbedingungen usw. zu bestimmen.
Speziell an Produkte, die sich in einer Forschungsphase befinden, muss laut FDA also eine deutlich sichtbare RUO-Kennzeichnung angebracht werden.
c) Was das Label “For Research Use Only” für Folgen hat
Normalerweise unterliegen IVD, abhängig von ihrer Risikoklasse, unterschiedlichen regulatorischen Anforderungen (etwa nach IVDR oder FDA).
RUO-Produkte fallen jedoch nicht unter die Definition von “In-vitro-Diagnostikum” der IVDR oder der einschlägigen FDA-Vorschriften. Diese sind damit auf RUO nicht anwendbar.
“‚In-vitro-Diagnostikum‘ bezeichnet ein Medizinprodukt, das als Reagenz, Reagenzprodukt, Kalibrator, Kontrollmaterial, Kit, Instrument, Apparat, Gerät, Software oder System – einzeln oder in Verbindung miteinander – vom Hersteller zur In-vitro-Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben, einschließlich Blut- und Gewebespenden, bestimmt ist und ausschließlich oder hauptsächlich dazu dient, Informationen zu einem oder mehreren der folgenden Punkte zu liefern
a) über physiologische oder pathologische Prozesse oder Zustände,
b) über kongenitale körperliche oder geistige Beeinträchtigungen,
c) über die Prädisposition für einen bestimmten gesundheitlichen Zustand oder eine bestimmte Krankheit,
d) zur Feststellung der Unbedenklichkeit und Verträglichkeit bei den potenziellen Empfängern,
e) über die voraussichtliche Wirkung einer Behandlung oder die voraussichtlichen Reaktionen darauf oder
f) zur Festlegung oder Überwachung therapeutischer Maßnahmen.
Probenbehältnisse gelten als auch In-vitro-Diagnostika;“
Für RUO gelten die regulatorischen Anforderungen der IVDR daher nicht. In den USA sind sie von den cGMP und den FDA-Qualitätsvorschriften ausgenommen.
Je nach Produkt müssen Sie daher allenfalls Anforderungen erfüllen, die nicht speziell für IVD vorgesehen sind (etwa die REACH Verordnung für Chemikalien oder die Maschinenrichtlinie).
Da RUO demnach erheblich weniger Kontrollen unterliegen als IVD, ist es notwendig, ihren Einsatz stark zu begrenzen.
Daher dürfen Labore diese insbesondere nicht verwendet werden, um:
- Diagnosen durchzuführen und
- Leistungsstudien zu betreiben.
2. Gebrauch und Missbrauch des “Research-Use-Only”-Labels
a) Wofür RUO-Produkte eigentlich gedacht sind
Wie der Name „For Research Use Only“ besagt, sind Produkte mit RUO-Kennzeichnung eigentlich ausschließlich für Forschungszwecke vorgesehen. Die vereinfachte Handhabung und die niedrigen Hürden beim Inverkehrbringen machen RUO für diesen Bereich attraktiv.
MEDDEV. 2.14/2 rev.1 listet mögliche Anwendungsbereiche von RUO genau auf:
- Grundlagenforschung
- Pharmazeutische Forschung
- Bessere Identifizierung und Quantifizierung einzelner chemischer Substanzen oder Liganden in biologischen Präparaten
- Eigene Herstellung von so genannten „Homebrew-Kits“ zu Forschungszwecken
Explizit nicht als RUO gilt etwa:
- Die Verwendung von Rohstoffen, die als „For Research Use Only“ gekennzeichnet sind, die aber in einem Endprodukt verarbeitet werden
- Sogenannte „Forschungsprodukte“, die gegen ein IVD-Vergleichsprodukt getestet werden, das die CE-Kennzeichnung trägt
- Produkte für Marktstudien/ Durchführbarkeitsstudien
b) Wofür RUO-Produkte außerdem oft verwendet werden
Die geringen Hürden sind jedoch auch der Grund, aus denen RUO-Produkte des Öfteren für Zwecke verwendet werden, für die sie eigentlich nicht vorgesehen sind. Dies birgt sowohl für Hersteller als auch für Betreiber und Patient:innen Gefahren.
Verkauf von RUO-Produkten an medizinische Labore
RUO-Produkte werden von Herstellern teilweise auch an medizinische Labore vertrieben. Zwar forschen auch Mediziner:innen mitunter, doch dies ist kaum der Hauptzweck eines medizinischen Labors.
Daher muss man annehmen, dass im Vertriebsgespräch mit Ärztinnen und Ärzten stets ein medizinisches Interesse hinter der Anwendung des Produktes steht. Wer also wissentlich RUO-Produkte an medizinische Labore vertreibt, steht potenziell unter dem Verdacht, eine medizinische Zweckbestimmung hinter dem Vorwand „For Research Use Only“ zu verstecken, um sich der Verantwortung für ein Medizinprodukt zu entziehen.
Es gibt allerdings durchaus Labor-Produkte, die offensichtlich keinen konkreten medizinischen Zweck haben, wie z. B.
- reine Chemikalien
- Nährmedien
- Reaktionsgefäße
- Puffer
- Waschlösungen
Solche Produkte sollten am besten als „allgemeiner Laborbedarf“ statt als „RUO“ gekennzeichnet werden.
Die Sache mit den analyten-spezifischen Reagenzien
Wirklich kritisch kann es werden, wenn ein RUO-Produkt analyten-spezifische Reagenzien enthält, wie primäre Antikörper, FISH-Sonden, PCR-Primer und -Sonden, Sequenzierungs-Panels oder sonstige spezifische Produkte. Hier kann man bereits aus der Angabe der Leistung des Produktes ggf. einen medizinischen Zweck ableiten.
Beispiel:
Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn ein Hersteller für ein RUO-gekennzeichnetes Kit zur Detektion viraler Gene eine Kopienzahl pro ml Blut angibt, die das Kit detektieren kann.
Die FDA kürzt den Begriff „Analyten-spezifische Reagenzien“ mit ASR ab und definiert ihn wie folgt:
Das US-Recht weist ASR’s somit per se einen diagnostischen Zweck zu.
Ausnahme ASR in den USA:
Erlaubt ist jedoch der Verkauf von ASR an IVD-Hersteller als Komponenten für die Kit-Herstellung oder an nicht-klinische Labore ohne die Einhaltung regulatorischer Anforderungen, um Forschung und Entwicklung zu betreiben. Außerdem erlaubt die FDA deren Verkauf an klinische Laboratorien gemäß den Vorgaben der Clinical Laboratory Improvement Amendments of 1988 (CLIA). Ausdrücklich erlaubt ist dabei auch die Verwendung von ASR in einem Lab developed Test (LDT). Eine Voraussetzung für ASR ist jedoch, dass diese weder analytische noch klinische Leistungscharakteristika für sich beanspruchen dürfen. In den Begleitinformationen sollte daher die Aussage enthalten sein: „Analyte Specific Reagent. Analytical and performance characteristics are not established.„
ASR in der EU:
Das EU-Rechtssystem kennt diese Ausnahme nicht. Der Begriff „Analyte Specific Reagents“ taucht in keiner der geltenden Regelungen auf. Daher können solche Produkte in der EU je nach Argumentation einen allgemeinen Laborzweck haben. Sie fallen damit nicht unter die IVDR, wenn der Hersteller die Zweckbestimmung entsprechend ausweist.
Sollte der Hersteller jedoch solchen Produkten einen medizinischen bzw. diagnostischen Zweck zuweisen, sind ab Geltungsdatum der IVDR (derzeit 26. Mai 2022) die regulatorischen Hürden sehr hoch.
Entscheidend ist daher, ob Hersteller ihre Zweckbestimmung eindeutig festgelegt haben und ob die Kundenkommunikation über Werbematerialien damit im Einklang steht.
Anwendung von RUO-Produkten in medizinischen Laboren
Nicht nur aus Herstellersicht ergibt sich ein Problem mit dem Vertrieb von RUO an medizinische Labore. Auch die Labore selbst können sich als Betreiber falsch verhalten und damit ggf. haftbar werden.
- Medizinische Labore haben die Freiheit inhouse Tests selbst zu entwickeln. In diesen Fällen werden häufig RUO-Produkte in diagnostischen Verfahren eingesetzt.
Bereits im Rahmen der IVDD hat dies die MEDDEV. 2.14/2 kritisch gesehen. Mit der neuen Verordnung über In-vitro Diagnostika (IVDR) schränkt die EU den Routineeinsatz von solchen „Lab Developed Tests“ jedoch explizit stärker ein.
Lesen Sie mehr dazu in unserem Beitrag “Die EU reguliert medizinische Labore. Sind Laboratory Developed Tests noch erlaubt?”
- Wegen der geringen regulatorischen Hürden sind RUO-Produkte im Einkauf sehr günstig. Medizinische Labore bevorzugen die günstigeren RUO-Produkte gegenüber teuren CE-IVD-Produkten, wenn sie damit dasselbe Leistungsniveau erreichen können. Der Einsatz von RUO zu anderen Zwecken als Forschungszwecken ist, selbst wenn sie ähnliche Ergebnisse liefern, dennoch nicht gestattet.

3. Konsequenzen einer falschen Einordnung
Fehlende Kontrollen können sich nachteilig auf die Qualität auswirken. Ob ein Produkt tatsächlich “For Research Use Only” gedacht ist, sehen sich die einschlägigen Stellen (z. B. Behörden bei Inspektionen) daher durchaus genauer an.
Hersteller sollten außerdem beachten, dass es nicht ausreicht, ein “RUO”-Label an ein Produkt anzubringen, damit es nicht mehr die ansonsten gültigen Anforderungen an In-vitro Diagnostika (IVD) erfüllen muss.
Die FDA stellt in ihrem Guidance-Dokument zu RUO fest, dass einzig die tatsächlich vorgesehene Verwendung ein Produkt als RUO qualifiziert – oder eben nicht. Dazu zieht die FDA etwa auch Marketingmaterial oder andere Rahmenbedingungen als Beweis heran.
“Because these products are exempt from most regulatory controls, it is important that they are not distributed for clinical diagnostic uses.
Mere placement of an RUO or IUO label on an IVD product does not render the device exempt from otherwise applicable clearance, approval, or other requirements. FDA may determine that the device is intended for use in clinical diagnosis based on other evidence, including how the device is marketed.”
Herstellern und Betreibern, die Produkte mit RUO-Label zweckentfremden, drohen empfindliche Strafen, da Patient:innen oder sogar der Allgemeinheit gravierende Schäden entstehen können.
a) Konsequenzen für Hersteller und Betreiber
IVD fälschlicherweise unter dem RUO-Label zu vertreiben oder zu anderen Zwecken als Forschungszwecken einzusetzen, ist kein Kavaliersdelikt. Hersteller, die nachweislich einen diagnostischen Zweck hinter der RUO-Kennzeichnung verstecken oder verstecken wollen, müssen in Deutschland mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Gleiches gilt für Betreiber, die RUO-Produkte zweckentfremden. Es drohen Geld- oder sogar Gefängnisstrafen. Hinzu kommt eine mögliche Haftung bei Schäden, die Patient:innen entstehen.
b) Konsequenzen in den USA
Auch in den USA drohen empfindliche Strafen. Sollte ein RUO-Produkt fälschlicherweise dieses Label tragen, wäre das Produkt gemäß Abschnitt 502(a) und 502(o) des Gesetzes 21 U.S.C. 352(a), 352(o) falsch ausgewiesen und gilt gemäß Abschnitt 501(f) des Gesetzes 21 U.S.C. 351(f) als verunreinigt.
c) Konsequenzen für Patient:innen
Am härtesten kann es jedoch Patient:innen treffen. Die regulatorischen Anforderungen an IVD-Produkte sind schließlich keine aus der Luft gegriffenen Schikanen für Hersteller und Betreiber. Die Regelungen sollen die Patient:innen vor falschen Ergebnissen und daraus folgenden Fehlentscheidungen bewahren. Falsch-negative Ergebnisse können Patient:innen in falscher Sicherheit wiegen, und eine bestehende Erkrankung kann sich unbemerkt verschlimmern. Ein Beispiel ist die Metastasierung einer nicht festgestellten Krebserkrankung aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit des Tests.
Mängel können sogar so schwerwiegend sein, dass sie den Tod vieler Menschen verursachen: Eine nicht erkannte Virus-Infektion kann in der frühen Phase einer Pandemie viele Leben kosten, wie die Corona-Pandemie bedauerlicherweise gezeigt hat.
4. Alternativen zu “Research Use Only”
Um rechtliche Probleme und Gefahren für Dritte zu vermeiden, sollten Hersteller und Anwender in Grenzfällen auf Alternativen zu RUO ausweichen.
Neben CE-IVD-Produkten gibt es je nach Produktart und Anwendbarkeit bezogen auf die Zweckbestimmung noch die folgenden weiteren Alternativen zu RUO:
a) Allgemeiner Laborbedarf („products for general laboratory use“)
Entscheidend für die Qualifizierung als allgemeiner Laborbedarf sind gemäß der Leitlinie MEDDEV 2.14/1 („IVD Medical Device Borderline and Classification issues“) die Charakteristika des Produktes.
- Besitzt das betreffende Produkt keine charakteristischen Eigenschaften, die es für eine spezifische IVD-Untersuchung anwendbar machen, ist es auch kein IVD.
- Herstellern ist es untersagt, allgemeinen Laborbedarf als IVD zu kennzeichnen.
RUO products used for a better identification and quantification of individual chemical substances or ligands in biological specimens
Quelle: MEDDEV 2.14/2
Solche Produkte sollten einen allgemeinen Zweck haben. Sie müssen IVD-Anwendungen jedoch nicht ausschließen, solange sie nicht spezifisch für eine bestimmte Untersuchung gemacht sind. Gemäß MEDDEV 2.14/2 fallen sogar die zuvor beschriebenen analyten-spezifischen Reagenzien (ASR) ohne medizinischen Zweck unter diese Kategorie.
Die Nutzung von allgemeinem Laborbedarf anstelle von RUO-Produkten bietet einige Vorteile:
- Das Produkt fällt nicht unter die IVD-Richtlinie und auch nicht unter die IVDR, was Ihnen viel Aufwand erspart.
- Labore, die solche Produkte in Inhouse-Verfahren einsetzen, müssen sich nicht mehr den Vorwurf gefallen lassen, RUO-Produkte in der diagnostischen Routine zu verwenden.
Der Nachteil ist jedoch, dass das medizinische Labor die Verantwortung für die Konformität der Untersuchung mit der IVDR trägt. Das kann dazu führen, dass das Produkt uninteressant wird, weil die regulatorischen Anforderungen viel Aufwand bedeuten.
b) Lab Developed Test mit CE-IVD-Produkten der Klasse A
Hersteller können allgemeine Labor-Reagenzien, welche es erlauben, als IVD nach der IVDR zugelassen zu werden, an medizinische Labore vertreiben.
In Kombination mit den im Labor eigenentwickelten ASR können Labore diese Produkte als eigenentwickeltes Verfahren (sogenannte Lab Developed Tests, LDT) validieren und anwenden.
Was Labore dabei beachten sollten, erfahren sie in unserem Artikel zu Lab Developed Tests.
c) “For performance evaluation only” als Vorstufe für zertifizierte IVD
Die IVDR definiert solche „Produkt für Leistungsstudien“ (device for performance studies only) folgendermaßen:
Diese Produkte müssen aber bereits weitestgehend sicher sein und die entsprechenden grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllen.
5. Möglichkeiten, um sich abzusichern
Um rechtliche und andere negative Konsequenzen bei der Nutzung von RUO-Produkten zu vermeiden, können Hersteller, Betreiber und Patient:innen die folgenden Schritte unternehmen:
a) Hersteller
Für Hersteller ist es besonders wichtig, die Zweckbestimmung ihres Produktes entsprechend eng festzulegen.
Analyten-spezifische Reagenzien sollten nur für konkrete nicht-medizinische Zwecke als RUO-Produkt gekennzeichnet werden.
Ein Beispiel
bietet SARS-CoV-2 und seine Mutationen: Ein Testkit, das bei bereits existierendem positivem Ergebnis mit spezifischen Primern und Sonden die Varianten B.1.1.7 (Alpha-Variante) und B.1.351 (Beta-Variante) von der Ausgangsvariante unterscheidet, kann ein RUO-Produkt sein, wenn damit lediglich die Verbreitung der Variante in der Bevölkerung ermittelt werden soll.
Eine konkrete Zweckbestimmung wäre in diesem Fall: „Ausschließlich für die epidemiologische Forschung zum Zwecke der Erhebung der Verbreitung von SARS-CoV-2-Varianten in der Bevölkerung bestimmt.“
Wenn nun ein medizinisches Labor aufgrund neuer Erkenntnisse zur spezifischen Behandlung einer Varianten-Infektion diesen Test nutzt, um die bestmögliche Behandlung zu gewährleisten, wäre dies eine Nutzung außerhalb der Zweckbestimmung (Off-Label-Use). Das betreibende Labor wäre dann für die Konformität des Tests verantwortlich.
b) Betreiber
Betreiber sollten genau verzeichnen, wozu sie IVD und RUO-Produkte nutzen.
Medizinische Labore sind Betreiber von Medizinprodukten bzw. IVD und stehen daher in der Verantwortung, Medizinprodukte nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend und gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik anzuwenden. Das fordert der §4 der Medizinprodukte-Betreiberverordnung MPBetreibV.
Um sich abzusichern, sollten Labore ein Verzeichnis führen, das auflistet, welche Medizinprodukte und IVDs sich im Betrieb und der Routineanwendung befinden. Dieses Verzeichnis sollte einen Verweis auf das zutreffende Untersuchungsverfahren und die Zweckbestimmung der IVD enthalten.
Außerdem kann dieses Verzeichnis auch dazu dienen, Untersuchungsverfahren zu nennen, bei denen kein adäquates CE-IVD-Produkt am Markt verfügbar ist. Der Mangel an Alternativen rechtfertigt den Einsatz von RUO-Produkten im Rahmen von eigenentwickelten und validierten Verfahren als Lab Developed Test, sofern das Labor prüft und belegen kann, dass die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen und die zusätzlichen Anforderungen des Artikel 5 (5) der IVDR erfüllt werden.
c) Patient:innen
Patient:innen fehlt das erforderliche Fachwissen, um selbst eine Abgrenzung vorzunehmen. Oft bekommen sie wenig bis keine Information über den Test, der durchgeführt wird. Für Patient:innen gilt daher: Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker!
- Patient:innen können sich den kompletten Test-Bericht vom Labor aushändigen lassen, damit sie sich im Zweifel eine Zweitmeinung einholen können. Darin sollte auch ausgewiesen sein, welcher konkrete Test durchgeführt wurde.
- Patient:innen sollten sich informieren, wie “gut” oder “schlecht” ein Test funktioniert sowie das Verhältnis von Nutzen und Risiko klären.
- Künftig können sich Patient:innen und Ärzt:innen auch über die EUDAMED zu den Produkten informieren und rückschließen, ob der jeweilige Test mit zertifizierten und damit rechtskonformen IVD-Produkten durchgeführt wurde oder nicht.
6. Fazit
Produkte „For Research Use Only“ haben nach Meinung der EU-Kommission und der FDA in der Diagnostik nichts verloren. Um für diagnostische Zwecke eingesetzt zu werden, müssten sie die nötigen Kontrollmechanismen durchlaufen. Doch gerade diese gelten für RUO-Produkte nicht.
Wer RUO-Produkte dennoch für andere Zwecke als die reine Forschung nutzt oder vertreibt, spielt mit dem Feuer. Hersteller und Betreiber laufen Gefahr, in rechtliche Schwierigkeiten zu geraten und gefährden möglicherweise sogar die Gesundheit von Patient:innen. RUO-Produkte sollten daher ausschließlich für die Forschung genutzt werden. Ansonsten sollten Hersteller und Betreiber auf die genannten Alternativen zurückgreifen.
Unser Tipp ist daher: Sollten Sie als Hersteller oder medizinisches Labor feststellen, dass ein RUO-Produkt sich für die In-vitro-Diagnostik besonders gut eignet, überlegen Sie, ob sich die Weiterentwicklung und die Konformitätsbewertung zum IVD lohnt. Welche der drei oben genannten Alternativen zu RUO die beste für Ihr Produkt ist, klären wir gerne mit Ihnen im Rahmen unserer Beratung zur IVD-Zulassungsstrategie. Bei Bedarf unterstützen wir Sie zudem gerne bei der konformen Produktentwicklung.
In unserer E-Learning-Plattform Auditgarant erfahren Sie, wie Sie die regulatorischen Anforderungen erfüllen, erhalten Zugang zu unseren Vorlagen sowie Templates und lernen in Tutorials wie Sie Ihr Produkt zur Zulassung bringen.
Vielen Dank an Dr. Boris Handorn, Rechtsanwalt und Partner der PRODUKTKANZLEI, Augsburg für seinen wertvollen Input zu diesem Beitrag.
Sehr Interessant!
Vielen Dank!
Vielen Dank für das positive Feedback! Das freut uns.
Beste Grüße, Sebastian Grömminger
Vielen Dank für Ihren interessanten Artikel zu RUO. Ich vermisse jedoch noch eine Konkretisierung zu folgendem Punkt: Man liesst, dass ein RUO-Produkt kein CE-Label tragen darf. Ein spezielles Messgerät kann aber ein RUO sein. Um es zu nutzen muss es aber ein CE-Zeichen tragen welches zeigt, dass das Gerät die Normen elektrische Sicherheit, EMV usw erfüllt.
CE? kein CE?
Lieber Alexander, vielen Dank für diese spannende Frage und den Hinweis, dass dieser Aspekt zu Mess-Geräten fehlt.
Ein Mess- oder Analysegerät hat per se keinen medizinischen Zweck und fällt daher nicht zwingend unter die Definition eines IVD. Sie haben allerdings recht: Als Laborgerät muss es dennoch die Anforderungen der Niederspannungsrichtline (2014/35/EU) und ggf. auch die Maschinienrichtlinie (2006/42/EG) einhalten und damit auch unter diesen Richtlinien eine CE-Kennzeichnung tragen.
Mehr zu diesen beiden Themen finden Sie hier:
https://www.johner-institut.de/blog/systems-engineering/iec-61010-ivd/
https://www.johner-institut.de/blog/systems-engineering/maschinenrichtlinie-medizinprodukte/
Sollte das Mess- oder Analysegerät aber (zudem) einen medizinischen, besser gesagt einen in-vitro-diagnostischen Zweck besitzen, dann sollte es zudem das IVD-Symbol tragen bzw. klar als in-vitro-Diagnostikum gekennzeichnet sein und muss dann gemäß IVDD (98/79/EG) bzw. bald unter IVDR (2017/746/EU) konformitätsbewertet werden. Damit muss es natürlich auch ein CE oder besser ein CE-IVD Zeichen tragen.
Herzliche Grüße,
Sebastian Grömminger
Vielen Dank für den interessanten Artikel zum Thema RUO. Wir sind Hersteller von MR-Spulen die keine Medizinprodukte sind und nur für Forschungszwecke verwendet werden dürfen. Wir stellen uns immer wieder die Frage, wie wir diese „Research only devices“ korrekt labeln. Denken Sie man könnte das RUO-Symbol auch für Nicht-Medizinprodukte verwenden oder ist es ausschließlich für IVDRs vorgesehen? Wenn ja, gibt es ein gleichwertiges Symbol für die Kennzeichnung von Nicht-Medizinprodukten die nur für Forschungszwecken verwendet werden dürfen?
Vielen Dank & viele Grüße,
Marius Berthel
Lieber Herr Berthel,
vielen Dank für Ihre Frage.
Wenn Ihre Produkte tatsächlich nur für Forschungszwecke eingesetzt werden, dann ist das Research Use Only Label genau das Richtige. Wenn Sie allerdings wissen sollten, dass das Produkt auch für medizinische Zwecke eingesetzt wird, müsste abgegrenzt sein, wer der legale Hersteller des (IVD-)Medizinproduktes ist. Eine MR-Spule hört sich jedoch vielmehr nach einem Bauteil an, dass in MRT-Gerät eingebaut wird und damit eine rein technische Komponente darstellt. Im letzteren Fall sind sie in der Rolle eines Zulieferers und nicht in der eines Herstellers.
Herzliche Grüße, Sebastian Grömminger
Vielen dank für diesen erhellenden Einblick.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen von IVDs mit medizinischem „intended pupose“ glaube ich anhand dieses Artikels zumindest grob verstanden zu haben. Jedoch frage ich mich nach wie vor wie es eigentlich um die Regulierung von In-Vitro assays mit nicht direkt medizinischem intended purpose steht. Also beispielsweise zur Untersuchung von Wirkstoffen. Zum einen in der Grundlagenforschung aber noch viel wichtiger und interessanter in der präklinischen Bewertung von neuen Wirkstoffen. Also nicht für eine Performances study des IVDs sondern für die eines anderen Produktes. Sind diese frei verkäuflich, ist ein Qualitätsmanagement vorgeschrieben, müssen diese für den intended purpose validiert sein und welche Rolle spielen IVDR und GLP hier für den Hersteller der In-Vitro Produkte. So viele Fragen und so viele unterschiedliche Informationen. Wenn sie mir auf den richtigen Pfad helfen könnten wäre ich ihnen sehr dankbar.
Beste Grüße,
Jakob Wolf
Lieber Herr Wolf,
ja in der Tat, hier tun sich viele Fragen auf an der „Bordeline“ zum IVD. Zur Identifizierung von Biomarkern in der Grundlagenforschung braucht das Produkt keinen CE-IVD-Status, da dies keine medizinische Zweckbestimmung (ZB) ist. Bei präklinischen Tests kommt es auf die ZB an. Ein RUO Reagenzien-Kit kann in diesen Fällen in der Regel durchaus verwendet werden, allerdings dürfen keinerlei Ergebnisse an Patienten mitgeteilt werden und das Probenmaterial muss für Forschungszwecke freigegeben sein (z.B. Left-over Material von anderen Untersuchungen). Hier ist in der Regel ein Ethik-Votum erforderlich. Bei klinischen Studien, egal ob interventionell oder nicht-interventionell muss das Produkt, wenn es einen medizinischen Zweck erfüllt der IVDR entsprechen. Anstelle eines CE-IVD-Produktes kann aber auch ein In-house-Test verwendet werden.
Auf diese Flut an Fragen hat die MDCG sehr aktuell (vor einem Monat) reagiert mit einem Q&A-Dokument: Q&A on the interface between Regulation (EU) 536/2014 on clinical trials for medicinal products for human use (CTR) and Regulation (EU) 2017/746 on in vitro diagnostic medical devices (IVDR)
zu Clinical Trials hilft Ihnen auch diese Seite weiter: https://ec.europa.eu/health/medicinal-products/eudralex/eudralex-volume-10_en
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit den Pfad aufzeigen an der Schwelle zum Arzneimittel.
Beachten Sie auch unseren Artikel zu CDx, falls das für Sie relevant ist: https://www.johner-institut.de/blog/regulatory-affairs/companion-diagnostics-cdx/
Mit besten Grüßen,
Sebastian Grömminger
Guten Tag,
eine kurze Frage ! Sind RUO-Produkte legacy Products?
Danke im Voraus!
Rony
Lieber Rony,
das ist eine rechtliche Grauzone. Es wäre aber kein „Legacy Device“ sondern eher ein „old device“. Die MDCG 2022-6 sagt: ‘Old’ devices are those devices that were placed on the market or put into service before 26 May 2022 in accordance with the IVDD or the applicable national rules before the IVDD had become applicable and which are still on the market or in use after 26 May 2022. Es gibt auch Produkte, die außerhalb des Anwendungsbereiches der IVDD lagen aber nun unter die IVDR fallen. Diesen speziellen Fall betrachtet die Leitlinie leider nicht. Andererseits muss man auch anerkennen, dass ein RUO-Produkt ja auch nie für diagnostische Zwecke gedacht war, außer es war eine Schutzbehauptung des Herstellers. Daher ist ein RUO-Produkt meiner Ansicht nach weder ein Legacy Device noch ein Old Device sondern ein „new Device“ das die Anforderungen an die IVDR erfüllen muss oder ein RUO das im tatsächlichen Sinne rein für wissenschaftliche Zwecke vorbehalten sein sollte.
Mit besten Grüßen,
Sebastian Grömminger
Hallo Herr Dr. Grömminger,
vielen Dank für den spannenden Beitrag.
Können Sie mir sagen, welche Auswirkungen es auf IVD-Hersteller hat, wenn sie bei der Herstellung von IVD-Reagenzien RUO- bzw. R&D-gekennzeichnete Inhaltsstoffe mit verwenden? Gibt es hier Konsequenzen für den Hersteller der IVD-Reagenzien oder ist es eher ein Problem des Herstellers des RUO-Produkts?
Mit freundlichen Grüßen
Maria
Liebe Maria,
vielen Dank für die spannende Frage. Wenn RUO-Materialien für die Herstellung eines IVD eingesetzt werden, liegt die Verantwortung beim IVD-Hersteller. Der RUO-Hersteller kann ja nicht für etwas belangt werden, was er nicht für das Produkt vorgesehen hat, solange er die o.g. Spielregeln einhält. Der IVD-Hersteller muss den RUO-Hersteller, von dem er die Eingangsware bezieht, im Rahmen der Lieferantenqualifizierung gemäß ISO 13485 bewerten und die Produktqualität sicherstellen. Das kann der Hersteller über verschiedene Arten vornehmen. Entweder mit Fokus auf die Produktprüfung (z.B. funktionale Wareneingangs QC jeder Charge) oder Prozesssicherheit durch Qualitäts-Sicherungs-Vereinbarungen mit dem Lieferanten (ggf. mit Audit). Bei kritischen Komponenten kann sogar beides sinnvoll sein.
Ich hoffe das beantwortet Ihre Frage.
Meine besten Grüße,
Sebastian Grömminger
Hallo Herr Dr. Grömminger,
Vielen Dank für ihr Beitrag.
I send my question in English because my German is a little poor.
What is the responsibility of a manufacturer if he sells a RUO component of a RUO kit (for example a box of calibrators) to a customer who incorporates this box into his own kit which he will use for clinical use? (in this example the calibrators are under a finished form, i.e. several vials of lyophilised product with various concentrations of reference standards)
Thanks for your advice
Best regards
Dear Francis,
thank you for your important question.
The responsibility of a RUO manufacturer is to keep the commercial claims for those products within the research scope only. In addition, if he learns that the customers buying those RUO products are misusing them for clinical purposes (i.e. incorporating them into an IVD reagent kit) I recommend to setup agreements with the customers, clarifying that the product shall not be used for medical purposes and any other use then for research purposes is unter the customer’s legal responsibility.
I hope this answers your question. Please let us know if you need further assistance.
With best regards,
Sebastian Grömminger
Dear Sebastian,
Many thanks, this confirms my thoughts.
Best regards
Hallo Herr Dr. Grömminger,
ich hätte eine Frage bezüglich ASRs und LDTs. Und zwar im Detail, wie es mit den regulatorischen Anforderungen aussieht wenn man ein ASR aus den USA bezieht und es in Europa in einen LDT einbaut. Darf das ASR hierbei bereits einen medizinischen Zweck haben oder muss es als RUO gekennzeichnet sein?
Vielen Dank für Ihre Hilfe. Mit freundlichen Grüßen,
Gabriel Wagner
Lieber Herr Wagner,
vielen Dank für ihre Frage.
Weist der Produzent dem ASR einen medizinischen Zweck, gemäß seiner Zweckbestimmung, zu, so fällt er unter die Anforderungen der IVDR und muss die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllen, bevor er sein Reagenz in der EU in Verkehr bringen darf. Verwendet das Labor dieses CE-IVD gemäß den Hersteller-Angaben in der Gebrauchsanweisung, so wird das Labor nicht zum Eigenhersteller (siehe Beitrag Die EU reguliert medizinische Labore. Sind In-house IVD (LDT) noch erlaubt?). Kennzeichnet der ASR-Produzent dagegen das Produkt als RUO, darf das Produkt nur für Forschungszwecke eingesetzt werden. Die Anforderungen der IVDR sind für den ASR-Produzenten in diesem Fall nicht anwendbar, wohl aber für das Labor. Bei der Verwendung innerhalb eines In-house IVD (LDT) ist dem RUO-Produkt bzw. ASR ein medizinischer Zweck zugewiesen, so dass die Bezeichnung RUO (die Bezeichnung ASR gibt es in Europa nicht) dann nicht mehr haltbar wäre. Das Labor muss folglich die Anforderungen der IVDR (Artikel 5 (5)) erfüllen.
Ich hoffe das beantwortet Ihre Frage.
Herzliche Grüße
Diana Gabriel
Sehr geehrte Frau Gabriel,
vielen Dank für Ihre Antwort. Mir ist noch nicht ganz klar wie das genaue Vorgehen ist wenn dem ASR bereits ein medizinischer Zweck zugeordnet wurde. Braucht die Firma aus den USA dann einen Bevollmächtigten in der EU welcher das ASR als IVD zertifizieren muss? Oder genügt es, wie von Ihnen angesprochen, dass der Hersteller die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllt? Wäre die Klassifizierung als Risikoklasse A (abhängig des medizinschen Zwecks), da ein ASR nach Regel 5 kein Ergebnis liefert, hier eine Möglichkeit?
Vielen herzlichen Dank für Ihre Hilfe!
Mit freundlichen Grüßen,
Gabriel Wagner
Lieber Herr Wagner,
Der US-Hersteller ist für die Zertifizierung seiner Produkte (Artikel 10, IVDR) verantwortlich. Das bedeutet, dass er in der Regel ein Qualitätsmanagementsystem etabliert und eine Technische Dokumentation erstellt. Je nach Klassifizierung ist in der Konformitätsbewertung eine Benannte Stelle involviert, die das Qualitätsmanagementsystem und die Technische Dokumentation des Herstellers prüft. Da sich der Hersteller außerhalb der Union befindet, muss er einen EU-Bevollmächtigten ernennen und sicherstellen, dass dem Bevollmächtigten die erforderliche Dokumentation durchgängig zugänglich ist, damit dieser die in Artikel 11 Absatz 3 genannten Aufgaben wahrnehmen kann. Unserer Erfahrung nach ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein ASR gemäß Regel 5 klassifiziert werden kann. Um allerdings eine verlässliche Aussage bezüglich Klassifizierung und Konformitätsbewertungsverfahren treffen zu können, sind produktspezifische Angaben notwendig. Daher würde ich Sie gerne auf unser Kontaktformular verweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Diana Gabriel
Hallo Frau Diana Gabriel,
vielen Dank für den sehr spannenden Beitrag.
Ich hätte noch eine weiterführende Frage dazu.
Was ist der Unterschied bei der Kennzeichnung meines Produktes zwischen RuO und „nichts“.
In welchen Fällen sollte ich das RuO Kennzeichen auf mein Produkt integrieren? Und in welchen praktischen Fällen vermarkte/etikettiere ich mein Produkt vollständig ohne eine Klassifizierung?!
Beste Grüße und Danke
Andreas Schmidt
Lieber Herr Schmidt,
vielen herzlichen Dank für Ihre Fragen.
Für RUO-Produkte gibt es in der EU keine regulatorischen Vorgaben an die Kennzeichnung. Generell kann man sagen, sobald die Gefahr besteht, dass das Produkt für diagnostische Zwecke verwendet wird, dies aber ausgeschlossen werden soll, die Kennzeichnung mit „Research use only“ erfolgen sollte. Achten Sie hier bitte auf ihre Zweckbestimmung, welche Art von Angaben Sie zum Beispiel auf ihrer Webseite tätigen und an wen Sie das Produkt vertreiben, so dass Ihr Produkt als RUO in Verkehr gebracht werden kann. Ohne jedoch Ihre Produkte genau zu kennen, ist eine Einschätzung, wann sie praktischerweise auf die Kennzeichnung verzichten können schwierig. Sollten Sie daher weitere produktspezifische Fragen bezüglich der RUO-Kennzeichnung haben, können Sie auch gerne unsere Micro-Consulting Anfrage nutzen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit schon etwas weiterhelfen.
Herzliche Grüße
Diana Gabriel
Hallo Frau Gabriel,
wie immer auf Ihrer Seite: Toller Beitrag.
Eine Health Institution nach IVDR (29) möchte unter Verwendung eines (vom Hersteller) mit RUO gekennzeichneten Antikörpers einen prognostischen LDT entwickeln. Ist dies möglich oder ist dies grundsätzlich ausgeschlossen? Wäre ein Quality Agreement mit- und/oder ein Audit von dem Hersteller von Nutzen. Ich frage dies, da mir aus meiner Arbeit viele pathologischen Labore bekannt sind, dei diesenn Weg gehen?!
Lieber Herr Oed,
vielen herzlichen Dank für ihr positives Feedback und ihre spannenden Fragen.
Gesundheitseinrichtungen können weiterhin RUO-Produkte erwerben. Verwenden medizinische Labore nun diese RUO-Produkte im Sinne der IVD-Definition (IVDR, Artikel 2 (2)), werden Sie zum Hersteller eines In-house IVD (auch LDT genannt). Als Hersteller eines In-house IVD müssen die medizinischen Labore den Artikel 5 (5) der IVDR erfüllen. Zu diesen Anforderungen zählt ebenso die Etablierung eines QM-Systems nach EN ISO 15189 oder nationalen Vorschriften und anwendbaren Teilen der ISO 13485 (Artikel 5 (5) b), c) und e). Gemäß (DIN) EN ISO 15189 müssen medizinische Labore sicherstellen, dass extern bereitgestellte Produkte und Dienstleistungen, die sich auf Labortätigkeiten auswirken, geeignet sind (Kapitel 6.8, Ähnliches im Kapitel 7.4 der ISO 13485). Hierzu gehören neben den Kriterien für die Qualifizierung der externen Anbieter auch die Bewertung der Leistung und Wiederbewertung dieser. Wie die medizinischen Labore im Speziellen nun diese Anforderungen an externe Anbieter umsetzen und belegen, legen Sie selbst in ihrem QM-System fest. Das können Qualitätssicherungsvereinbarungen (QSV) sein, aber auch Lieferantenaudits. Zum Beispiel können QSV von Nutzen sein, wenn ich als medizinisches Labor sicherstellen möchte, vor jeder Spezifikationsänderung der Rohware informiert zu werden. Ein Lieferantenaudit kann zum Beispiel von Nutzen sein, um zu überprüfen, ob der Lieferant tatsächlich die Anforderungen des medizinischen Labors initial und im weiteren Verlauf erfüllt. Ich empfehle Ihnen in diesem Zusammenhang auch unseren Artikel zu Inhouse IVD.
Herzliche Grüße
Diana Gabriel