Die MDR legt im Artikel 120 die Übergangsbestimmungen einschließlich der Übergangsfristen fest. Allerdings sind diese Übergangsbestimmungen und Übergangsfristen sehr komplex formuliert. Daher laufen die Hersteller Gefahr, sie falsch zu verstehen und regulatorische Anforderungen nicht zu erfüllen oder unnötige Aufwände zu betreiben.
Ein Ablaufdiagramm am Ende dieses Artikels fasst die regulatorischen Anforderungen zusammen und schafft Klarheit. Es steht auch als kostenloser Download zur Verfügung.
Dieser Beitrag berücksichtigt die von der EU-Kommission beschlossene Verschiebung der MDR.
1. Übergangfristen in der MDR: Einführung
Die Diskussion um die Übergangsfristen beschränkt sich meist auf die Frage, wie lange ein Produkt in den Verkehr gebracht werden darf. Dabei kennt die MDR eine Vielzahl von Übergangsfristen.
Hersteller sollten bei den Übergangsfristen beispielsweise die folgenden Aspekte unterscheiden:
Dieser Artikel verschafft einen Überblick über diese Übergangsfristen. Eilige Leser können direkt zur Zusammenfassung springen.
2. Übergangsfristen: Artikel der MDR
a) MDR Artikel 120 Absatz 2
Originaltext
Der Artikel 120 trägt den Titel „Übergangsbestimmungen“. Er nennt darin auch die Übergangsfristen. Besonders relevant ist der zweite Absatz:
Bescheinigungen, die von Benannten Stellen vor dem 25. Mai 2017 gemäß den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG ausgestellt wurden, bleiben bis zu dem in der Bescheinigung angegebenen Zeitpunkt gültig, außer im Fall von Bescheinigungen gemäß Anhang 4 der Richtlinie 90/385/EWG bzw. gemäß Anhang IV der Richtlinie 93/42/EWG, die spätestens am 27. Mai 2022 ihre Gültigkeit verlieren.
Bescheinigungen, die von Benannten Stellen nach dem 25. Mai 2017 gemäß den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG ausgestellt werden, behalten ihre Gültigkeit bis zum Ende des darin angegebenen Zeitraums, der fünf Jahre ab der Ausstellung nicht überschreiten darf. Sie verlieren jedoch spätestens am 27. Mai 2024 ihre Gültigkeit.
MDR Artikel 120 (2)
Interpretation dieses Textes
Falls der Hersteller eine aktuelle „Zulassung“ hat, bleibt diese erst einmal gültig. Wenn die Bescheinigung der Benannten Stelle vor dem 26. Mai 2017 ausgestellt wurde, gilt diese bis zu dem in der Bescheinigung genannten Datum.
Anmerkung: Da Bescheinigungen nicht länger als 5 Jahre gültig sind, verliert die Bescheinigung spätestens am 26. Mai 2022 ihre Gültigkeit.
Wenn die Bescheinigung der Benannten Stelle hingegen am oder nach dem 26.05.2017 ausgestellt wurde, endet ihre Gültigkeit spätestens am 27.05.2024, selbst wenn das Gültigkeitsdatum auf der Bescheinigung nach dem 27.05.2024 liegen sollte.
Weil Bescheinigungen nur von Benannten Stellen ausgestellt werden und dies nur für Produkte der Klassen I*, IIa, IIb und III, ist der zweite Absatz des Artikels 120 für Klasse-I-Produkte nicht anwendbar.
Tipp
Erscheint Ihnen diese Darstellung noch immer als zu kompliziert? Dann sehen Sie sich das Entscheidungsdiagramm (Abb. 3) an.
Diese Bescheinigungen stellen die Voraussetzung für die Inverkehrbringung dar, wie im dritten Absatz der MDR zu lesen ist.
b) MDR Artikel 120 Absatz 3
Originaltext des 2. Corrigendums (3. Corrigendum s.u.)
Das zweite Corrigendum ändert den zentralen dritten Abschnitt des Artikels 120. Dieser lautet nun wie folgt:
Abweichend von Artikel 5 der vorliegenden Verordnung darf ein Produkt, das ein Produkt der Klasse I gemäß der Richtlinie 93/42/EWG ist, für das vor dem 26. Mai 2020 eine EU-Konformitätserklärung erstellt wurde und für das das Konformitätsbewertungsverfahren gemäß der vorliegenden Verordnung die Mitwirkung einer Benannten Stelle erfordert oder für das eine Bescheinigung gemäß der Richtlinie 90/385/EWG oder der Richtlinie 93/42/EWG besteht, die gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels gültig ist, bis zum 26. Mai 2024 in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, sofern es ab dem 26. Mai 2021 weiterhin einer dieser Richtlinien entspricht und sofern keine wesentlichen Änderungen der Auslegung und der Zweckbestimmung vorliegen. Die Anforderungen der vorliegenden Verordnung an die Überwachung nach dem Inverkehrbringen, die Marktüberwachung, die Vigilanz, die Registrierung von Wirtschaftsakteuren und von Produkten gelten jedoch anstelle der entsprechenden Anforderungen der genannten Richtlinien.
MDR Artikel 120 (3)
Lesbarkeitsindex dieses Textes
Der Text ist zugegeben sehr schwer zu verstehen, was der Lesbarkeitsindex bestätigt. Normalerweise liegt dieser Wert zwischen 20 (Jugendliteratur) und 60 (Fachliteratur). Der Lesbarkeitsindex dieses Abschnitts beträgt 106 und überschreitet damit die Anzeigeskala vieler Werkzeuge.
Abb. 1: Lesbarkeitsanalyse des Artikels 120 der MDR zu den Übergangsfristen (Quelle: Supertext. Zum Vergrößern klicken)
Interpretation dieses Textes
Der dritte Absatz des Artikel 120 lässt sich wie folgt deuten:
Ab dem 26.05.2020 dürfen Hersteller Produkte nur noch konform den Anforderungen der MDR in Verkehr bringen, es sei denn, es gilt eine der folgenden Ausnahmen:
- Der Hersteller verfügt über eine gültige Bescheinigung für das Produkt. Wie in den Anmerkungen zum Absatz 2 ausgeführt, kann das nur bei Produkten der (bisherigen) Klassen I*, IIa, IIb und III der Fall sein.
- Der Hersteller hat bereits vor dem 26.05.2020 ein Produkt der Klasse I (MDD) in den Verkehr gebracht, das unter der MDR in eine der Klassen I*, IIa, IIb oder III fallen würde. Das ist beispielsweise bei wiederverwendbaren chirurgischen Instrumenten der Fall sowie bei Produkten, die als „Software as Medical Device“ zählen.
Diese Ausnahmen gelten aber nur unter diesen Voraussetzungen:
- Das Produkt entspricht weiterhin den Anforderungen der MDD bzw. AIMD.
- Der Hersteller hat keine wesentlichen Änderungen an dem Produkt vorgenommen.
Zudem gelten für die Ausnahmen die folgenden Einschränkungen:
- Die Ausnahmen enden spätestens am 26.05.2024.
- Die Ausnahmen betreffen nicht die Post-Market-Surveillance, die Marktüberwachung, die Vigilanz und die Registrierung von Wirtschaftsakteuren und Produkten.
Im Absatz (3) fehlt übrigens vor „oder für das“ ein wichtiges Komma; im Englischen und Französischen steht es.
Weiterführende Informationen
Besonderen Anlass zu Diskussionen bietet die Frage, wie groß Änderungen sein dürfen, damit sie nicht als „wesentlich“ betrachtet werden müssen. Beachten Sie hierzu die Artikel zu „Design Changes“ und „Software Changes“.
Die Guidance-Dokumente sprechen übrigens von „substantial“, die MDR von „significant“. Das ist nicht das Gleiche.
Zu beachten ist in diesem Kontext auch eine Feststellung des NAKI:
Einschränkungen der Zweckbestimmung
Änderungen der Auslegung aufgrund einer korrektiven Maßnahme, die von der zuständigen Behörde als solche bewertet und akzeptiert wurden, werden nicht als „wesentliche“ Änderungen gem. Art. 120 Abs. 3 MDR angesehen.
FAQ des NAKI, Antwort auf Frage 17
Originaltext des 3. Corrigendums
Die EU möchte die MDR um ein Jahr verschieben. Allerdings hat sie dabei den Abschnitt 3 vergessen, weshalb es eines weiteren Corrigendums bedurfte. Darin wurde nicht nur das Datum vom 26.05.2020 auf den 26.05.2021 verschoben, sondern auch der dritte Absatz neu gefasst:
By way of derogation from Article 5 of this Regulation, a device which is a class I device pursuant to Directive 93/42/EEC, for which the declaration of conformity was drawn up prior to 26 May 2021 and for which the conformity assessment procedure pursuant to this Regulation requires the involvement of a notified body, or which has a certificate that was issued in accordance with Directive 90/385/EEC or Directive 93/42/EEC and that is valid by virtue of paragraph 2 of this Article, may be placed on the market or put into service until 26 May 2024, provided that from 26 May 2021 it continues to comply with either of those Directives, and provided there are no significant changes in the design and intended purpose. However, the requirements of this Regulation relating to post-market surveillance, market surveillance, vigilance, registration of economic operators and of devices shall apply in place of the corresponding requirements in those Directives.’,
Corrigendum vom 07.04.2020
c) MDR Artikel 120 Absatz 4
Originaltext
Der vierte Absatz ist vergleichsweise gut verständlich:
(4) Produkte, die vor dem 26. Mai 2021 gemäß den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, und Produkte, die ab dem 26. Mai 2021 gemäß Absatz 3 des vorliegenden Artikels in Verkehr gebracht wurden, können bis zum 26. Mai 2025 weiter auf dem Markt bereitgestellt oder in Betrieb genommen werden.“
MDR Artikel 120(4)
Interpretation des Textes
Bis zum 26.05.2025 dürfen die folgenden Produkte auf dem Markt bereitgestellt oder in Betrieb genommen werden:
- Alle Produkte, die bereits vor dem 26.05.2021 gesetzeskonform in den Verkehr gebracht wurden.
- Alle Produkte, die von den Ausnahmenregelungen des Absatz 3 profitieren.
Diskussionsstoff liefert die Frage, wann ein Produkt als „in den Verkehr gebracht“ betrachtet werden darf. Das gilt insbesondere für Stand-Alone-Software.
Vorsicht!
Die Unterscheidung zwischen Inverkehrbringung und Bereitstellung ist besonders für Klasse-I-Produkte relevant, die nicht vom 2. Corringendum profitieren. Nach dem Stichtag (26.05.2021) dürfen diese Produkte nur noch bereitgestellt, aber nicht mehr in den Verkehr gebracht werden. D.h. das Produkt muss bereits erstmalig bereitgestellt worden sein, womit es als in den Verkehr gebracht betrachtet wird.
Dies gilt für jedes einzelne Produkt!
Zu beachten ist in diesem Kontext der Artikel zur Inverkehrbringung, welcher auf die Begrifflichkeiten eingeht.
d) MDR Artikel 120 Absatz 8
Der achte Absatz erzeugt bei vielen Lesern nur Kopfschütteln. Wer soll das beim ersten Lesen verstehen?
„(8) Abweichend von Artikel 10a, Artikel 10b Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 11 Absatz 5 der Richtlinie 90/385/EWG und von Artikel 14 Absätze 1 und 2, Artikel 14a Absatz 1 Buchstaben a und b und Artikel 16 Absatz 5 der Richtlinie 93/42/EWG wird angenommen, dass Hersteller, Bevollmächtigte, Importeure und Benannte Stellen, die im Zeitraum, der am späteren der in Artikel 123 Absatz 3 Buchstabe d genannten Daten beginnt und 18 Monate später endet, Artikel 29 Absatz 4, Artikel 31 Absatz 1 und Artikel 56 Absatz 5 der vorliegenden Verordnung genügen, die Vorschriften und Bestimmungen erfüllen, die die Mitgliedstaaten nach Maßgabe des Beschlusses 2010/227/EU gemäß Artikel 10a der Richtlinie 90/385/EWG bzw. gemäß Artikel 14 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 93/42/EWG, gemäß Artikel 10b Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 90/385/EWG bzw. gemäß Artikel 14a Absatz 1 Buchstaben a und b der Richtlinie 93/42/EWG sowie gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Richtlinie 90/385/EWG bzw. gemäß Artikel 16 Absatz 5 der Richtlinie 93/42/EWG erlassen haben.“
MDR Artikel 120 (8)
Interpretation des Texts
Im Kontext der EUDAMED stellt die MDR die folgenden Anforderungen an Legacy-Produkte:
- Die Hersteller müssen Produkte außer Sonderanfertigungen in EUDAMED registrieren (Artikel 29 Absatz 4).
- Die Wirtschaftsakteure müssen sich selbst in der EUDAMED registrieren (Artikel 31 Absatz 1).
- Die Benannten Stellen müssen die Bescheinigungen (Zertifikate von Benannten Stellen) in der EUDAMED hinterlegen (Artikel 56 Absatz 5).
Artikel 120 Absatz 8 sagt somit aus, dass beispielsweise Hersteller vom Legacy-Produkten, die sich und ihre Produkte in EUDAMED registrieren, den entsprechenden Verpflichtungen gemäß den alten Richtlinien nachkommen.
Allerdings bezieht sich diese Pflicht auf den „Zeitraum, der am späteren der in Artikel 123 Absatz 3 Buchstabe d genannten Daten beginnt und 18 Monate später endet“.
In diesem Buchstaben d sind die folgenden Daten zu erkennen:
- 26.05.2021 (Geltungsbeginn der MDR)
- Der Tag, der sechs Monaten nach dem Tag der Veröffentlichung der Bekanntmachung gemäß Artikel 34 Absatz 3 entspricht. In diesem Artikel geht es um die Veröffentlichung im Amtsblatt, die besagt, dass die EUDAMED voll funktionsfähig ist.
Das bedeutet, dass im Kontext von EUDAMED und Registrierung die Hersteller in einem Zeitraum von 18 Monaten „nur“ die o.g. Pflichten zu erfüllen haben. Danach gelten alle Anforderungen bezüglich der EUDAMED.
Abb. 2: Die Übergangsfristen erlauben es, die Anforderungen im Kontext der EUDAMED nur stückweise zu erfüllen. (Achtung: Mit dem Corrigendum wurde das Datum auf den 26.05.2021 verschoben)
Für alle, die den Absatz 8 noch genauer verstehen wollen, hier die genannten Referenzen:
- AIMDD (90/385/EWG)
- Artikel 10a: Registrierung des Herstellers
- Artikel 10b Absatz 1 Buchstabe a: Bescheinigungen in Datenbank
- Artikel 11 Absatz 5: von Benannten Stellen ausgestellte und zurückgezogene Bescheinigungen
- MDD (93/42/EWG)
- Artikel 14 Absätze 1 und 2: Meldung der für das Inverkehrbringen verantwortlichen Personen
- Artikel 14a Absatz 1 Buchstaben a und b: Europäische Datenbank (Hersteller, Bevollmächtigte, Bescheinigungen)
- Artikel 16 Absatz 5: von Benannten Stellen ausgestellte und zurückgezogene Bescheinigungen
e) MDR Artikel 123 („Inkrafttreten und Geltungsbeginn“)
Der Artikel 123 nennt weitere Fristen, die die Wirtschaftsakteure betreffen, z.B.:
- Absatz 2 Buchstabe d: Im Kontext der EUDAMED sind hier alle Pflichten aufgelistet, die spätestens sechs Monate nach dem Zeitpunkt erfüllt werden müssen, an dem die EUDAMED als voll funktionsfähig erklärt wird. Im Gegensatz zu Artikel 120 Absatz 8 geht es hier nicht um Übergangsbestimmungen für alte Produkte.
- Absatz 2 Buchstabe e: Für die Registrierung von Produkten und die Hinterlegung von Bescheinigungen in der EUDAMED gewährt die MDR sogar 18 Monate Kulanz beginnend mit dem Zeitpunkt, zu dem die EUDAMED als voll funktionsfähig erklärt wird.
- Der UDI-Träger muss bei implantierbaren Produkten sowie Produkten der Klasse III am 26.05.2021 angebracht werden, bei Produkten der Klasse IIa und IIb ab dem 26.05.2023 und für Produkte der Klasse I ab dem 26.05.2025. Für die UDI selbst gilt diese Ausnahmeregelung nicht.
3. Sonstige regulatorische Anforderungen
Folgende Dokumente sind regulatorisch relevant und sollten beachtet werden:
Vorsicht!
Beachten Sie, dass diese Dokumente die Verschiebung der MDR noch nicht berücksichtigen.
Das FAQ der NAKI bestätigt beispielsweise:
- Für die verantwortliche Person bei Produkten unter der MDR gibt es keine Übergangsfrist. Zu den Herstellern, die nur Produkte unter der MDD in Verkehr bringen siehe unten.
- Bei Implantationsausweis und Informationen, die Patienten mit einem implantierten Produkt gem. Art. 18 MDR zur Verfügung zu stellen sind, kann auf den UDI-bezogenen Inhalt verzichtet werden, solange für das in Frage stehende Produkt noch keine UDI-Kennzeichnungsverpflichtung besteht.
- Die Möglichkeit, vor dem 26.05.2021 bereits (erstmalig) in Verkehr gebrachten Produkte bereitzustellen/in Betrieb zu nehmen, ist nicht durch Art. 120 Abs. 4 MDR zeitlich befristet. Das ist die sogenannte „Abverkaufsregelung“.
- Eine Konformitätserklärung (declaration of conformity) kann nicht als “Bescheinigung” im Sinne von Art. 120 Abs. 2 MDR angesehen werden, da sie der Hersteller selbst ausstellt und nicht eine Benannte Stelle.
- Für die Pflichten zur Post-Market-Surveillance und Vigilanz sowie zur Registrierung der Wirtschaftsakteure gibt es keine Übergangsfristen.
Vorsicht!
Einige Richtlinien und FAQs sind in einigen Punkten inzwischen überholt. Ein Beispiel ist die Antwort zur Frage 13 im FAQ des NAKI, die in dieser Allgemeingültigkeit nicht mehr zutreffend ist.
4. Fristenrechner
Weil der Artikel 120 zu den Übergangsfristen (wie die ganze MDR) an Verständlichkeit leidet, können Sie sich hier Folgendes berechnen lassen:
- Datum, bis zu dem Sie neue oder geänderte Produkte erstmalig inverkehrbringen dürfen
- Zeitpunkt, bis zu dem Sie Produkte abverkaufen („bereitstellen“) dürfen
- Datum, bis zu dem Ihre Kunden die Produkte in Betrieb nehmen dürfen
5. Zusammenfassung und Fazit
a) Übersicht über die Übergangsfristen
Aspekt | Übergangsfrist | Kommentar |
Erstmalige Inverkehrbringung von Produkten | 26.05.2021 | |
Inverkehrbringung von „Legacy“-Produkten | siehe Ablaufdiagramm (Abb. 3) | |
Bereitstellung von Produkten | siehe Ablaufdiagramm (Abb. 3) | |
Inbetriebnahme von Produkten | siehe Ablaufdiagramm (Abb. 3) | |
OEM-PLM-Konstrukte | Für diese Produkte gelten die gleichen Übergangsfristen. | Dem PLM muss ab dem 26.05.2021 die Technische Dokumentation vorliegen, um die Forderungen der MDR an die Post-Market-Surveillance sowie die Vigilanz erfüllen zu können. |
„Verantwortliche Person“ | 26.05.2021 | Lesen Sie hierzu den ausführlichen Absatz „Übergangsfristen“ im Artikel zur PRRC. |
Post-Market-Surveillance | 26.05.2021 | mit Einschränkungen bezüglich der EUDAMED; keine Einschränkung bei Überwachung und Berichten (z.B. PSUR) |
Vigilanz | 26.05.2021 | mit Einschränkungen bezüglich der EUDAMED |
QM-System | Für neue Produkte und für die o.g. Prozesse wie PMS: 26.05.2021 | Für bereits in Verkehr gebrachte Produkte ist die Konformität mit Anhang IX in der Übergangsfrist nicht erforderlich. |
UDI | siehe Tabelle unten | |
Klinische Prüfungen | 26.05.2021 | Eingeleitete Prüfungen dürfen fortgeführt werden, allerdings gelten neue Meldepflichten. |
Der Artikel 10 der MDR findet bei Produkten, die von der Übergangsfrist profitieren, keine Anwendung. Davon explizit ausgenommen sind die o.g. Anforderungen u.a. zur Post-Market-Surveillance und zur Vigilanz.
b) Inverkehrbringung, Bereitstellung und Inbetriebnahme
Wie lange Hersteller ihre bestehenden Produkte noch in den Verkehr bringen, bereitstellen und in Betrieb nehmen (lassen) dürfen, hängt u.a. von der Klasse der Produkte und der Gültigkeit möglicher Bescheinigungen ab.
Abb. 3: Entscheidungsdiagramm zur Bestimmung der Übergangsfristen für die Inverkehrbringung, Bereitstellung und Inbetriebnahme (zum Vergrößern klicken)
c) EUDAMED, Registrierung
| Erste 6 Monate nach Veröffentlichung | Die nächsten 18 Monate danach | Danach |
Legacy Produkte | Keine (neuen) Anforderungen | Nur Registrierung von Produkten außer Sonderanfertigungen (Artikel 29(4)), Registrierung von Wirtschaftsakteuren (Artikel 31(1)) und Bescheinigungen (Artikel 56(5)) sowie Anforderungen der Richtlinien (s. Artikel 120(8)) | Alle Anforderungen |
Neue Produkte | Keine Anforderungen | Alle Anforderungen außer Registrierung von Produkten (außer Sonderanfertigungen) (Artikel 29(4)) Bescheinigungen (Artikel 56(5)) (s. Artikel 123(1)e)) | Alle Anforderungen |
d) Übergangsfristen für die UDI
Der Zeitpunkt, zu dem der UDI-Träger aufgebracht werden muss, hängt von der Klasse des Produkts ab:
Klasse | Zeitpunkt |
I | 26.05.2025 |
IIa | 26.05.2023 |
IIb | 26.05.2023 |
III und implantierbare Produkte | 26.05.2021 |
Bei wiederverwendbaren Produkten, bei denen der UDI-Träger auf dem Produkt selbst zu platzieren ist, gewährt die MDR zwei zusätzliche Jahre.
Diese Übergangsfristen bezüglich UDI gelten jedoch nicht für Legacy-Produkte, also Produkte „which are compliant with the Medical Device Directives (MDD and AIMDD) and placed on the market after the application date of the Regulations“. Hierfür gibt es zwei weitere Dokumente zu beachten:
Im FAQ schreibt die EU:
In order to facilitate the transition to the new system, the new Regulations give manufacturers the possibility to place products on the market after the general application dates of the new
Regulations (and until 26 May 2024 at the latest) by virtue of valid Directive certificates. These legacy devices are not subject to UDI obligations but they should be registered in the Eudamed database. Timelines for registration as described under question 6 also apply to these products. More information on the operational aspects of the registration of legacy devices is available at the MDCG 2019-5 guidance document.
FAQ der EU
e) Übergangsfrist für die verantwortliche Person
Wenn Hersteller keine Produkte unter der MDR in den Verkehr bringen, sondern nur „legacy-Produkte“ nach Art 120 (3), so gilt nach MDCG 2021-25 der Artikel 15 der MDR noch nicht. Dies bedeutet, daß diese Hersteller noch keine Verantwortliche Person benennen müssen.
Bisher hatten wir und auch viele andere dies anders interpretiert. Der Grund dafür war, dass die Pflichten für die Post-Market Surveillance und die Vigilanz von allen Herstellern ab dem 26.05.2021 erfüllt sein müssen. Die Verantwortliche Person ist für einen wirksamen Post-Market Surveillance und Vigilanz Prozess verantwortlich. Die Guidance MDCG 2021-25 betrachtet diesen Aspekt auch, kommt aber zu dem Schluss, daß Artikel 15 noch nicht von Herstellern von „Legacy-Produkten“ anwendbar ist.
Bitte beachten Sie: Alle Hersteller müssen in jedem Fall wirksame Prozesse für die Post market surveillance und Vigilanz implementieren, nur die Überwachung durch die Verantwortliche Person ist noch nicht zwingend vorgeschrieben für Hersteller von „legacy Produkten“.
Details finden Sie auch im Artikel zur PRRC im Abschnitt „Übergangsfristen“.
e) Fazit
Die EU macht mit Texten wie im Absatz 8 des Artikels 120 sicher keine Werbung in eigener Sache. Es sollte Vorschriften geben, die regeln, dass Vorschriften auch von Nicht-Juristen lesbar und verstehbar sein müssen. Der Lesbarkeitsindex wäre ein Beispiel für eine Metrik.
Hersteller sollten unbedingt beachten, dass sie viele Anforderungen der MDR ohne Übergangsfrist auch dann einhalten müssen, wenn sie keine neuen Produkte in den Verkehr bringen und von den Übergangfristen gemäß Artikel 120 Absätze 2 und 3 profitieren.
Teilweise fragen die Benannten Stellen die Konformität mit diesen Anforderungen bereits vor dem Audit ab. Sie lehnen Überwachungsaudits und Re-Zertifizierungen ab, falls diese nicht erfüllt sind.
Die obige Zusammenfassung finden Sie in diesem Merkblatt zum Download:
Falls Sie noch Fragen zum Umstieg auf die MDR haben, nutzen Sie gerne das kostenlose Micro-Consulting des Johner Instituts.
Änderungshistorie
- 2022-03-04: Hinweis zu MDCG 2022-4 ergänzt.
- 2021-06-14: Link zum überarbeiteten Artikel zur PRRC eingefügt, der die diesbezüglichen Übergangsfristen thematisiert
- 2021-05-17: In Kapitel 4d) die Hinweise zu den UDI-Anforderungen bei Legacy-Devices ergänzt.