Dieser Beitrag skizziert die Schritte zum CE-Zeichen, die Hersteller von Medizinprodukten gehen sollten, um Ihr Medizinprodukt gesetzeskonform zu entwickeln und zu produzieren.
Vorsicht!
Beachten Sie, dass die korrekte Terminologie CE-Kennzeichnung lautet, auch wenn umgangssprachlich — auch in diesem Artikel — von CE-Zeichen gesprochen wird.
Bedeutung des CE-Zeichens
Mit dem CE-Zeichen drücken Hersteller aus, dass Ihr Produkt den grundlegenden Anforderungen einer europäischen Richtlinie z.B. der Medizinprodukterichtlinie bzw. Medizinprodukteverordnung (MDR, IVDR) entspricht. Wohlgemerkt, die Medizinproduktehersteller drücken mit dem CE-Zeichen diese Konformität aus. Ein CE-Audit durch Dritte gibt es somit nicht.
Beachten Sie allerdings, dass Sie abhängig vom Produkt Dritte insbesondere benannte Stellen involvieren müssen.
Der Weg zum CE-Zeichen
Abb. 1: Schritte zum CE-Zeichen für MedizinprodukteStartphase: Die Vorbereitungen zum CE-Zeichen
- Zweckbestimmung: Zuerst formulieren Sie die Zweckbestimmung Ihres Produkts, legen also genau fest, ob und wie es der Diagnose, Therapie oder Überwachung von Krankheiten und Verletzungen dient, wer die vorgesehenen Benutzer und der vorhergesehene Benutzungskontext ist.
- Medizinprodukte-Richtlinien und -Verordnungen: Dann ermitteln Sie, welche EU-Richtlinien bzw. EU-Verordnungen Ihr Medizinprodukt betreffen (z.B. Medizinprodukterichtlinie MDD, die Invitro-Diagnostik-Richtlinie IVD, Medizinprodukteverordnung MDR, IVD-Verordnung IVDR).
- Klassifikation: Wenn es sich um ein Produkt handelt, das unter die MDD bzw. MDR fällt, ermitteln Sie mit Hilfe der Klassifizierungsregeln im Anhang IX die Klasse, also I, IIa, IIb oder III. Bei dieser Klassifizierung können wir Sie unterstützen (Kontakt aufnehmen).
- Wahl des Konformitätsbewertungsverfahrens: Abhängig von der gewählten Klasse wählen Sie das Konformitätsbewertungsverfahren und müssen davon ggf. ein Qualitätsmanagementsystem etablieren, das Sie nach ISO 13485 zertifizieren lassen müssen. Mit unserer Hilfe gelingt das den Firmen immer auf Anhieb.
Tipp
Es gibt also keine „CE-Zertifizierung“ und kein „CE-Audit“, aber ggf. QM-Audit und ein ISO 13485-Zertifikat bzw. Anhangs-Zertifikat (gemäß Anhänge der MDD- oder MDR).
Entwicklungs-, Test und Produktionsphase
- Grundlegende Anforderungen: Sie entwickeln das Medizinprodukt gemäß den Vorgaben Ihres QM-Systems, falls dieses existiert. In jedem Fall entwickeln sie es so, dass es alle grundlegenden Anforderungen einhält, z.B. die nach Risikomanagement, nach Software-Lebenszyklusprozessen, nach Gebrauchstauglichkeit und elektrischer Sicherheit. Dies weisen Sie nach, in dem Sie harmonisierte Normen einhalten und dies durch eine technische Dokumentation belegen. Diese technische Dokumentation enthält folglich
- eine Risikomanagementakte (konform ISO 14971),
- eine Software-Akte (gemäß IEC 62304),
- eine Gebrauchstauglichkeitsakte (konform IEC 62366) und
- eine Akte zur elektrischen Sicherheit (konform IEC 60601-1).
- Klinische Bewertung: Sie weisen im Rahmen mit klinischen Daten nach, dass Ihr Medizinprodukt keine ungewünschten Nebenwirkungen hat und den beabsichtigten Nutzen erfüllt. Falls es keine belastbaren Literaturdaten gibt, müssen Sie eine klinische Prüfung durchführen.
- Produktion: Schließlich produzieren Sie, d.h. vervielfältigen Sie das Medizinprodukt.
Das Johner Institut unterstützt Firmen beim Erstellen der technischen Dokumentation und der klinischen Bewertung.
Release-Phase: Die CE-Kennzeichnung
- Konformitätserklärung: Sie erklären nun die Konformität Ihres Produkts mit den grundlegenden Anforderungen. Dazu erstellen Sie eine Konformitätserklärung und bringen das CE-Zeichen auf Ihrem Produkt auf.
- Registrierung: Sie registrieren Ihr Medizinprodukt, in Deutschland beim DIMDI.
- Marktfreigabe: Dann erteilen Sie die Marktfreigabe und bringen das Produkt – mit CE-Zeichen – in Verkehr.
Post-Market-Phase
In einer letzten Phase, die andauert, so lange mindestens eines Ihrer Produkte sich im Markt befindet, prüfen Sie kontinuierlich Rückmeldungen aus dem „Feld“, reagieren auf Zwischenfälle und aktualisieren Ihre Risikomanagementakte.
CE-Zeichen bei stand-alone Software
Auch standalone Software wie Webseiten, Apps oder PC-Software kann ein Medizinprodukt sein. Daher bedürfen diese Produkte einer CE-Kennzeichnung.
Beispiele für Software als Medizinprodukt
Jede Software, die einen der Zwecke verfolgt, die das Medizinproduktegesetz zur Definition von Medizinprodukten zählt, macht diese zu einem Medizinprodukt: Krankheiten und Verletzungen zu diagnostizieren, zu therapieren und zu überwachen, oder physiologische Parameter oder den anatomischen Aufbau zu vermessen.
Abb. 2: Die EU-Richtlinien bzw. EU-Verordnungen definieren in den Anhängen das Aussehen des CE-ZeichensBeispielsweise verfolgt die Seite www.deprexis.de das Ziel, den Patienten bei der Diagnose von Depressionen zu helfen. Die Hamburger Gesundheitsbehörde hat bestätigt, dass Deprexis damit ein Medizinprodukt ist. Und www.deprexis.de hat ein CE-Zeichen.
Es spielt übrigens keine Rolle, ob das Angebot einer Webseite kostenlos ist oder nicht, ob die Seite nur über ein Passwort zugänglich ist oder eben nicht.
Diesem Trend, dass auch webbasierte Anwendungen zum Medizinprodukt werden, werden noch viele Hersteller folgen (müssen).
Anbringen des CE-Kennzeichens bei Software
Hersteller sollten das CE-Kennzeichen bei standalone Software soweit sinnvoll möglich anbringen:
- Start- bzw. Splash-Screen
- Hilfe, About
- Webseite selbst
- Begleitmaterialien insbesondere Gebrauchsanweisung, Handbuch
Es besteht keine regulatorische Pflicht, das CE-Zeichen in einem Web- bzw. Appstore anzubringen.