Die EU-Medizinprodukte-Richtlinie (Richtlinie 93/42/EWG) ist eine von drei europäischen Richtlinien für Medizinprodukte. Sie heißt auf englisch Medical Device Directive und wird oft abgekürzt als MDD oder 93/42/EWG.

Vorsicht!

Die EU-Medizinprodukte-Verordnung MDR hat die EU-Medizinprodukte-Richtlinie MDD abgelöst.

1. EU-Medizinprodukte-Richtlinie: Grundlagen

a) Rolle im Rechtssystem der EU

Diese EU-Richtlinie — wie alle anderen — mussten die europäischen Staaten in nationales Recht überführen, was Deutschland, Österreich und die Schweiz mit den Medizinproduktegesetzen bzw. dem Heilmittelgesetz getan hatten.

b) Ziel der Medizinprodukte-Richtlinie

Die wichtigsten Ziele der Medizinprodukte-Richtlinie MDD bestanden darin,

  1. einen freien Warenverkehr von Medizinprodukten in Europa zu gewährleisten (siehe z.B. Artikel 2 und 4) und
  2. nur sichere Produkte zu erlauben, die EU-einheitliche Anforderungen erfüllen (siehe z.B. Artikel 3 und Anhang I).

c) Aufbau der MDD

Die MDD enthielt 23 Artikel (Vergleich MDR: 123) und 7 Anhänge.

c) Novellierung der der 93/42/EWG durch die 2007/47/EC

Die Medizinprodukte-Richtlinie MDD trug die Nummer 93/42/EWG, weil sie die 42. Richtlinie ist, die im Jahr 1993 veröffentlicht wurde. Sie blieb bis 2007 unverändert.

Die Richtlinie 2007/47/EC ergänzte und änderte nicht nur die MDD, sondern auch die beiden anderen für Medizinprodukte relevanten Richtlinien, die IVD und AIMDD. Zu diesen Änderungen zählen

  • die Klarstellung, dass Software (auch standalone) ein Medizinprodukt sein kann,
  • die damals neue Forderung nach Software-Lebenszyklus-Prozessen und
  • die Aufforderung, beim Risikomanagement auch Risiken durch mangelnde Gebrauchstauglichkeit zu betrachten.

Die geänderte Richtlinie trug immer noch die Nummer 93/42. Daher musste man darauf achten, ob man mit der ursprünglichen Medizinprodukte-Richtlinie oder der konsolidierten Version der Medizinprodukte-Richtlinie arbeitete!

2. Anforderungen der Medizinprodukte-Richtlinie

a) Grundlegende Anforderungen, technische Dokumentation und harmonisierte Normen

Diese EU-einheitlichen und in Anhang I beschriebenen Anforderungen an die Medizinprodukte nennt die Medizinprodukte-Richtlinie die grundlegenden Anforderungen. Beispiele für diese Anforderungen sind

Um eine Beurteilung zu erlauben, ob diese grundlegenden Anforderungen erfüllt sind, müssen die Hersteller die Produkte und deren Entwicklung in der technischen Dokumentation (auch als Produktakte oder „technical file“ bezeichnet) dokumentieren.

Sie sind angehalten, dabei Normen anzuwenden, um den Nachweis zu erbringen, dass sie diese grundlegenden Anforderungen erfüllen. Die Artikel 5 bis 7 betreffen diese „harmonisierten Normen„.

b) CE-Zeichen, Klassifizierung und Konformitätsbewertungsverfahren

Die Hersteller selbst bringen das CE-Zeichen gemäß Artikel 17 auf ihren Medizinprodukten auf und erklären damit selbst(!) die Konformität mit den grundlegenden Anforderungen der Medizinprodukte-Richtlinie (93/42/EWG). Allerdings müssen sie zuvor ein Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen.

Die zur Auswahl stehenden Konformitätsbewertungsverfahren hängen von der Klasse des Medizinprodukts gemäß Artikel 9 und Anhang IX ab. Die Medizinprodukte-Richtlinie 93/42 beschreibt im Artikel 11 und in den Anhängen II bis VII diese verschiedenen Varianten.

Der Inhalt der technischen Dokumentation unterscheidet sich nicht wesentlich bei den verschiedenen Varianten. Allerdings setzt das Konformitätsbewertungsverfahren nach Anhang II ein vollständiges Qualitätsmanagementsystem voraus.

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