Rechtliche Anforderungen und praktische Umsetzung nach MDR/IVDR
EU-Bevollmächtigte unterliegen nicht nur den rechtlichen Vorgaben der MDR und IVDR. Sie haften auch für Verstöße gegen das Medizinprodukterecht.
Dieser Fachartikel gibt praxisnahe Antworten auf alle regulatorischen Fragen zum EU-REP mit konkreten Handlungsempfehlungen vom führenden Beratungsunternehmen für Medizinprodukte-Regulierung.
Er wendet sich an Non-EU-Medizinproduktehersteller sowie an Regulatory-Affairs-Manager, Qualitätsmanager, PRRCs und Geschäftsführer, aber auch an EU-Bevollmächtigte.
- Ein EU-Bevollmächtigter ist für alle Non-EU-Hersteller verpflichtend und haftet gleichrangig mit dem Hersteller.
- Der EU-REP führt eine formale Dokumentenprüfung durch, übernimmt aber keine Herstellerpflichten wie Risikomanagement oder QM-System.
- Die Benennung erfolgt per schriftlichem Mandat für mindestens eine generische Produktgruppe und muss in EUDAMED registriert werden.
- Eine eigene PRRC ist zwingend erforderlich und darf nicht identisch mit der PRRC des Herstellers sein.
- Tochterfirmen können EU-REP sein, benötigen aber rechtliche Selbstständigkeit und eine eigene PRRC.
1. Was ist ein EU-Bevollmächtigter und wann brauche ich einen?
Ein EU-Bevollmächtigter ist jede in der Union niedergelassene natürliche oder juristische Person, die von einem außerhalb der Union ansässigen Hersteller schriftlich beauftragt wurde, in seinem Namen bestimmte Aufgaben wahrzunehmen (MDR Art. 2 Nr. 32).
Der EU-REP …
- ist verpflichtend für alle Non-EU-Hersteller (ohne Ausnahme).
- muss vor dem ersten Inverkehrbringen benannt werden.
- gilt für MDR und IVDR gleichermaßen.
- kann pro generischer Produktgruppe benannt werden.
- darf bereits vor Markteinführung unterstützend tätig werden.

Die EU-Kommission hat in einer Notice to Stakeholders klargestellt, dass EU-Hersteller keinen Bevollmächtigten in der Türkei benötigen und türkische Hersteller im Umkehrschluss auch keinen Bevollmächtigten in der EU (siehe Fachartikel: Medizinprodukte in der Türkei: Regulatorische Anforderungen).
2. Die wichtigsten Aufgaben und Verantwortlichkeiten eines EU-REP
Der EU-REP hat klar definierte Pflichtaufgaben nach MDR/IVDR Art. 11 Abs. 3, die im Mandat festgelegt werden müssen:
- Konformität prüfen: Formale Prüfung, ob Technische Dokumentationen gemäß QM-Vorgaben des Herstellers erstellt wurden sowie Konformitätserklärung und Zertifikate vorliegen
- Dokumente verfügbar machen: 10–15 Jahre Aufbewahrungspflicht und Bereitstellung für Behörden
- EUDAMED-Registrierung: Eigene SRN erhalten sowie Herstellerregistrierung prüfen und freigeben
- Kommunikation mit Behörden sicherstellen: Dokumente in jeweiliger Amtssprache bereitstellen und Behördenanfragen an Hersteller weiterleiten
- Bei Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld mitwirken (FSCA): Aktive Zusammenarbeit bei Korrekturmaßnahmen
- Hersteller unterrichten: Unverzügliche Information des Herstellers über Vorkommnisse
- Mandat beenden: Bei Verstößen des Herstellers gegen seine Pflichten muss der EU-REP die Zusammenarbeit beenden können und die Behörde darüber informieren.

3. Haftung und rechtliche Risiken: Wofür ist der EU-REP verantwortlich?
Der EU-REP haftet auf gleicher Grundlage wie der Hersteller für fehlerhafte Produkte (Art. 11 Abs. 5 MDR/IVDR). Das bedeutet:
- Gleichrangige Produkthaftung mit dem Hersteller
- Haftpflichtversicherung dringend empfohlen
- Vertragliche Haftungsregelungen möglich
- Keine Übernahme von Herstellerpflichten nach Art. 10
- Unterstützung bei Herstellerpflichten erlaubt
Achten Sie auf eine klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten im Mandat!
Beachten Sie auch den Fachartikel zur Produkthaftung von Medizinprodukteherstellern.
4. EU-REP-Auswahl: Importeur, Tochterfirma oder externer Dienstleister?
Die Wahl des EU-REPs hängt von der Unternehmensstruktur, verfügbaren Ressourcen und regulatorischen Anforderungen ab. Es gibt mehrere Möglichkeiten:
Sonstige Rolle | Möglichkeit, EU-REP zu übernehmen? |
Importeur | Rechtlich möglich, aber Rollenkonflikte beachten |
Tochterfirma | Nur bei rechtlicher Selbstständigkeit und eigener PRRC möglich |
PRRC-Konstellation | Darf nicht identisch mit Hersteller-PRRC sein (MDCG 2022-16) |
Externer Dienstleister | Bei fehlenden internen Ressourcen empfohlen |
Zeitpunkt | Idealerweise vor Konformitätsbewertung benennen |
Briefkastenfirma | Nicht ausreichend, da physische Präsenz erforderlich |
Beachten Sie genau die Pflichten der PRRCs.
Auswahlkriterien für externe EU-Bevollmächtigte
- Regulatorische Kompetenz
- Erreichbarkeit in eigener Zeitzone sowie in EU-Zeitzone
- Erfahrung mit der Rolle als EU-REP
5. Behördenanfragen und Marktüberwachung: Prozesse und Pflichten
Der EU-REP ist zentraler Ansprechpartner für Behörden mit klaren Prozessvorgaben. Zu seinen Pflichten zählen:
- Dokumentenprüfung auf Vollständigkeit gemäß QM-Vorgaben des Herstellers
- Dokumentenbereitstellung in Amtssprache des jeweiligen Mitgliedstaats
- Weiterleitung von Produktprobenanfragen sowie deren Ausführung
- Aktive Kooperation bei Marktüberwachungsmaßnahmen
- Unverzügliche Herstellerunterrichtung bei Vorkommnissen
- Mandatsvorlage auf Behördenanforderung
Es gibt für den EU-REP keine Pflicht zu einem zertifizierten QM-System. Allerdings dürfen Behörden bzw. Benannte Stellen den EU-REP auditieren, um die Erfüllung seiner Pflichten zu kontrollieren.
Mit der Dokumentenprüfung stellt der EU-Bevollmächtigte sicher, dass der Hersteller die EU-Konformitätserklärung und die Technische Dokumentation erstellt hat sowie ggf. ein Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen wurde (lit. a). Er minimiert mit dieser Prüfung auch seine eigenen Haftungsrisiken.
6. Praktische Umsetzung: Von der Benennung bis zur Kennzeichnung
Die korrekte Implementierung des EU-REPs erfordert von der Vertragsgestaltung bis zur Produktkennzeichnung ein systematisches Vorgehen. Die notwendigen Schritte umfassen:
- Mandat vereinbaren: Schriftlich, von beiden Seiten unterschrieben, klare Aufgabendefinition; auch verbindliche Vereinbarung zum Wechsel des EU-REPs treffen
- EUDAMED-Registrierung durchführen: SRN-Vergabe und Rollenbestätigung
- Kennzeichnung ergänzen: Symbol „EC | REP“ nach DIN EN ISO 15223-1:2022-02 auf Verpackung
- EU-Konformitätserklärung ergänzen: EU-REP-Angabe verpflichtend
- Optional Gebrauchsanweisung ergänzen: Angabe empfohlen, nicht verpflichtend
Die Angaben zum EU-REP sollten in Übereinstimmung mit DIN EN ISO 15223-1:2022-02 zusammen mit dem entsprechenden Symbol platziert werden. Die Norm ist bei DIN Media und als EVS-EN ISO 15223-1:2021 hier preisgünstig erhältlich. Demnach gilt es, den EU-REP mit dem Symbol „EC | REP“ abzubilden.

Es liegt bereits ein neuer Entwurf der DIN EN ISO 15223-1/A1:2024-06 vor, der eine Änderung des Symbols von EC-REP zu EU-REP vorschlägt.
7. Internationale Unterschiede: EU-REP vs. UK-RP, CH-REP und US-Agent
Jede Jurisdiktion hat spezifische Anforderungen an Repräsentanten – mit relevanten Unterschieden. Beispiele für diese Unterschiede sind:
- EU-REP: Ein Bevollmächtigter pro generischer Produktgruppe möglich; verlangt Vorhalten einer PRRC
- UK-RP: Nur eine einzige „UK Responsible Person“ für alle Produkte erlaubt
- CH-REP: Wie in EU; verlangt zusätzlich Vertretung PRRC
- US-Agent: Hat andere Aufgaben und Haftungsregelungen
Viele Dienstleister wie das Johner Institut übernehmen die Rolle für mehrere Märkte. Das minimiert die Aufwände bei der Vertragserstellung, der Prüfung der Unterlagen und der Kommunikation.
Beachten Sie auch die Fachartikel zum regulatorischen System in Großbritannien sowie in der Schweiz.
8. Zusammenfassung & Fazit
Der EU-Bevollmächtigte ist weit mehr als eine regulatorische Formalität – er ist integraler Bestandteil der Marktzugangsstrategie für Non-EU-Hersteller. Mit gleichrangiger Produkthaftung, umfangreichen Dokumentationspflichten und zentraler Behördenkommunikation trägt der EU-REP erhebliche Verantwortung. Die sorgfältige Auswahl unter Berücksichtigung von PRRC-Anforderungen, Haftungsrisiken und operativen Fähigkeiten ist erfolgsentscheidend. Das Johner Institut unterstützt Sie als erfahrener Partner bei der Navigation durch diese komplexen regulatorischen Anforderungen.
Die Johner Medical GmbH übernimmt die Rolle als Ihr EU-REP – mit jahrelanger Expertise, eigener PRRC und umfassender Haftpflichtversicherung.
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